Donnerstag, 1. Juni
Kurz nach Kamloops, nach einem frugalen Frühstück, stieg ich aus dem Auto um ein Foto zu machen, da brüllte mich eine Frau aus einem stehenden Wagen an. Beim zweiten Anlauf verstand ich es. Watch out for snakes! Schlangen?! Ich hasse Schlangen!!!
Eine kurze Recherche ergab, es gibt mindestens vier giftige Schlangenarten in Kanada 😬🙄
Auf dem Motelparkplatz schauten mich diese Puffins an, die würde ich so gerne sehen. Aber Neufundland wäre kaum zu machen. Hin und zurück wären das zusätzlich 5.000Km. Das ist zu fett (🤔...).
Weiter. Ich wollte mich unbedingt bewegen, von diesem amerikanischen Fraß habe ich noch mehr zugenommen. Ich suchte ein Schwimmbad und tatsächlich, 100Km weiter lag eines auf dem Weg in Salmon Arm.
Bei Tim Hortons, einer Kette ähnlich Starbucks, aber auch mit Essen und die verbreitetste in Kanada, bekam ich einen Latte für 2,20€, dann holte ich schnell mein erstes kanadisches Geld. Da ist noch die Queen drauf abgebildet.
Die Ziege im Schwimmbad hatte mich gefragt ob ich senior bin. Grrrr. Da kann man bestimmt nicht mit Karte zahlen. C$6.20 Eintritt, etwa wie bei uns.
Konnte man doch, mit Karte zahlen; geht hier überall auch mit dem Handy. 40 Bahnen à 25m, zu zweit in der Bahn. Es war ein Fest. Kanada ist viel besser als die USA 😂
Dann fuhr ich zu einem schönen Steg an einem riesigen See und als ich gerade eingeparkt hatte, riefen Birgit, Donata und Vera an, so eine schöne Überraschung! Per Videotelefonie sind sie mit mir auf den Steg gekommen und konnten den wunderbaren Blick live erleben. Darüber habe ich leider ein Foto für alle anderen vergessen.
In Sicamous war mein nächstes Motel, durchaus nett und kostete "nur" 95€. Um 15:00 war ich dort, lief Downtown und suchte Essen, ich war am Verhungern.
In dem wunderbar sortierten Supermarkt blieb ich aber kleben und kaufte Kakao für morgens, Kaffee wird immer schwieriger. Es gibt nur noch jeden zweiten Tag einen...
Das hier ist Downtown:
An der Straße liegen schon die wichtigsten Läden, die es fast in jedem Ort gibt (Supermarkt, Apotheke, Schnapsladen, Cannabis Shop), ist sehr gemütlich und gemächlich hier.
Vor dem Liquor Shop spielte ein Musiker.
Im Narrows Smokehouse bestellte ich Brisket, Coleslaw und Cornbreads with Honey Butter.
Die Bedienung war aus Nova Scotia und schwärmte von der Schönheit der Natur dort. Hmmmm...
Das Essen war wunderbar! Die Maisbrötchen köstlich, die Honigbutter fabelhaft dazu, der Coleslaw nicht zu fett, sondern mit einem leichten Dressing. Als Getränk eine Limo. Ich bekam einen Teller und Besteck und die Limo in einem richtigen Glas. Das habe ich zelebriert. Ich liebe schönes Geschirr und Besteck, das gut in der Hand liegt, aber wie wichtig das auch für das Wohlbefinden ist wurde mir erst an der Westküste der USA so richtig klar.
Ein Stück die Straße runter war ein Eisladen mit sehr gutem Softeis zum Nachtisch. Es gab vier Größen, das war die kleinste. Die größte muss eine Badewanne sein.
Ja, nach den USA ist das Besteck und der Teller erwähnenswert, weil es fast alles auf einem Plastiktablett gab von dem man das Einweggeschirr und Plastikbesteck samt Resten nur noch in den Müll kippen musste. Wie bei MacDonalds bei uns. Allzu oft war mir nicht klar, was Müll ist und was Essen.
Das erinnert natürlich an die berühmte Mär von Beuys' Fettecke und der (angeblichen) Putzfrau. "Ist das Kunst oder kann das weg?".
Ich bekam auch eine Serviette.
Zivilisation!
Die haben gelacht als ich das ansprach und wussten natürlich, wovon ich rede. Und meinten, Kanada sei viel besser. 😂 Ist es, scheint mir.
Den Besitzer fragte ich, warum er in diesem Ort lebe und er erzählte, er sei Taiwanese, hätte zuerst in Vancouver gelebt und seinen Laden gehabt, aber da würden einen die Leute schon blöd ansehen, wenn man nur freundlich grüße (wieso kommt mir das nur so bekannt vor?!).
Dann sei er hierher gezogen. Er hat zwei Restaurants im Städtchen, beide laufen bombe, jeder kenne jeden und alles sei persönlich. In der Saison kämen die Leute, um Urlaub zu machen, der Ort lebe vom Wasser. Ansonsten sei es einfach entspannt und schön. Der Ort sei richtig Kanada, von seiner besten Seite.
Das schaute ich mir mit Blick auf Berge und Straße vom Sessel vor meinem Zimmer mit einem Kakao dabei im goldenen Frühabendlicht an.
Schön. Entspannt.
Freitag
Nach einer schrecklichen Nacht (das weicheste vorstellbare Bett, nur der Ikea-Bällespielraum muss schlimmer sein zum Schlafen) fuhr ich tiefer in die Berge. Ziel: Radium Hot Springs.
Auf dem Weg kaufte ich ein Brot, das sich dem Verdienst dieser Bezeichnung annähert, frisches Pastrami und erfreulich günstige Artischockenherzen. Das wurde mit Cheddar ein leckeres Frühstück, Mittag- und Abendessen. Zum Naschen gemischte Melonen. Oh, und einen großartigen Scone mit Zitrone und Cranberries.
Was ich sehr gewöhnungsbedürftig finde ist, dass die Preise überall netto angegeben sind, das ist Gesetz in BC.
Die Natur ist erstaunlich. Ein bisschen wie Norwegen, aber weiter, gedehnter, gigantischer. Das Land hat fast 10 Millionen Quadratkilometer, darauf leben keine 40 Mio Menschen.
Die offizielle Sprache ist Englisch, außer in Québec, dort ist es Französisch. In Ottawa wächst man zweisprachig auf. Allerdings sind auch in BC die meisten Schilder und Erklärungen schon zweisprachig, Lebensmittel sind alle zweisprachig beschriftet; das wird wohl noch mehr, je weiter es nach Osten geht. Immerhin sprechen 22% der Kanadier als erste Sprache Französisch.
Ich merke, wie viel wohler ich mich in dieser Umgebung fühle, ich bin schon ein Nordlicht. Je weiter nach oben, je rauer und ursprünglicher, desto wohliger und freier ist mir zumute.
Immerhin weiß ich jetzt, dass Fiji stinklangweilig ist 😂 Also kein Fernweh mehr nach solchen Orten und die Narben von den Sandmücken sind immer noch nicht verheilt.
Die Supermärkte sind hier wirklich schön sortiert. Ich hatte vor der Reise angenommen, dass es in den USA ein Überangebot geben würde, aber außer bei Walmart habe ich das nicht gesehen.
Wobei wir natürlich grundsätzlich in einem Überangebot leben in den "1. Welt-Ländern", ich hatte nur noch mehr erwartet.
Über Golden ging es für mich ab vom Highway 1 und die sehr schöne und ruhige 95 entlang bis zum Ziel. Irgendwo stockte der Verkehr und wurde langsam an einem friedlich vor sich hin brennenden Autowrack vorbeigelotst.
Radium ist wieder ein beschaulicher kleiner Ort, das Motel angenehm (es ist zwar auch schon in die Jahre gekommen, aber sauber und freundlich, einladend), der Preis okay, eine mini Suite im ersten Stock. Das Wetter ist unglaublich, die Vögel zwitschern, ich sitze draußen mit Blick auf den Mt Kindersley und schreibe dies. Viel zu tun gibt es hier eh nicht, wenn man schon gegessen hat und nicht trinken möchte. Mir gefallen die Orte grundsätzlich nicht, weil ich es nicht schön finde, wenn ein Ort eine (laute/stark befahrene) Hauptstasse hat, an der eingeschossige Häuser und Läden mit Abstand stehen. Das ist einfach ungemütlich und hat keinerlei Charme. Jetzt verstehe ich was Fran aus Neuseeland meinte, als sie sagte, dass in unseren (europäischen) Städten so schöne mehrgeschossige Häuser stehen, die oft Innenhöfe haben, architektonisch reizvoller sind und eine völlig andere und gemütlichere Atmosphäre erzeugen. Stimmt.
Mein Spaziergang führte mich zu frischer Milch (so ein Wortspiel mit dem Namen funktioniert ausschließlich in Kanada) im lokalen grocery store, leider konnte ich einem Yukon-Eis nicht widerstehen wegen des Namens, dann faulenzte ich wieder, bietet sich hier an 😊
Comments