Mittwoch 22.5.24
Die Nacht und der Morgen war mal etwas kräftigerer Wind mit 6 Bft.
Als erstes kümmerte ich mich morgens um den Stempel der Hafenmeisterei für mein Meilenbuch. Darin sind bislang nur die Angaben zu meiner SKS-Prüfungstour von Kiel in die dänische Südsee 2007. Wenn ich jemals den SSS (Sportseeschifferschein) machen wollen würde, müsste ich 1.000 Seemeilen nachweisen, also lasse ich mir das hier eintragen. Die gesamte Tour waren aber nur 75SM über Grund.
Ablegen war schwierig weil eine ordentliche Brise das Schiff gegen den Quai drückte, auf dem Meer dann aber war es nach gekonntem Rangieren durch Peter entspannt und wir segelten, nur mit der Fock, nach Terschelling.
Als wir ankamen, setzte gerade die Ebbe ein, und so erlebten wir im Laufe des Nachmittags und Abends die vollen Gezeiten. Der Tidenhub hier liegt bei etwa 1,80m.
Dörthe und ich schlenderten durch den Ort, bummelten, kauften etwas ein, aßen Kibbeling (die niederländische Antwort auf Fish&Chips) und ganz ausgezeichnete Austern, tranken Kaffee und verbrachten dann den Nachmittag mit Buch an Deck. Es war windig, aber sonnig.
Das Wattenmeer ist ein Binnenmeer, das Schiff ist ein Binnenschiff. Finde ich nicht nachvollziehbar, aber so wird beides definiert.
Vor dem Abendessen stand noch ein kurzes Bad in der Nordsee mit Ellen an. Bad bedeutete in diesem Fall, dass wir uns ins nicht einmal knietiefe Wasser legten, weil es einfach nicht tiefer werden wollte.
Peter, den Schiffseigner, löcherte ich täglich mit Fragen. Die Tsjerk Hiddes hat 8-9.000l Wasser an Bord (das reicht für eine halbe Woche bei voller Belegung) und 1.800l Diesel.
Am Donnerstag, 23.5.24, legten wir mit zunächst unklarem Ziel aber eindeutiger Richtung ab. Der Wind kam aus Süd-West mit 4-5bft, wie es auf dem Wattenmeer sein würde, war zu erkunden.
Wind war da, wir setzten drei Segel und erreichten eine Geschwindigkeit von 5 Knoten (über Grund). Das war sehr schön.
Info:
1 Seemeile=1,852Km
1 Knoten=1,852Km/h
Es ging dann nach Franeker, dem Heimathafen der Tsjerk Hiddes.
Bei Harlingen fuhren wir für diese Route in die Schleuse ein, eine Stunde später hatten wir über den Kanal, vorbei an Feldern und Wiesen, die kleine Stadt erreicht. Wir machten an einem Liegeplatz 150m von Zentrum fest, freundlich beäugt von Enten und Seeschwalben.
Sehr hübsch. Friedvoll.
Das Rudel schwärmte zum obligatorischen Bummel aus, Kleinstgruppen von uns plünderten erfolgreich verschiedene Geschäfte.
Es folgte, nach Genuss des langsamen, goldwarmen Sonnenuntergangs, das gemeinsame Essen.
Der Freitag begann mit Küchendienst. Frühstück für 26 Leute. Leckerchen des Tages waren gekochte Eier und frischer Obstsalat.
Wir fuhren die Strecke des Vortags zurück und wollten zu einer Sandbank segeln, um trocken zu fallen. Obwohl wir alle Segel setzten kamen wir wegen der vorhandenen Flaute kaum voran und standen sogar oft einfach.
Peter schmiss den Motor an und so erreichten wir gemütlich das Ziel, er fuhr auf die Sandbank auf und dann war Warten angesagt. Um 18:00 war Niedrigwasser, gegen 14:00 lief das Wasser bereits ab.
Wir eilten in die Kojen zu den Badesachen.
Dörthe und ich voran, dann folgten etliche nach. War sehr schön.
Wir trockneten an Deck und bereiteten sodann ligurische Pasta und Tomatensalat.
Es war ein starkes Gewitter mit Hagel angesagt, aber abgesehen von einer Stunde starken Regens kamen wir leider nicht zu dem Spaß.
Zum ersten Mal lief ich dann im Watt. Ein schönes Erlebnis! Alles war Grau in Grau, das auf dem Meeresboden liegende Schiff mit dem petrolfarbenen Rumpf darin bot einen nachgerade dystopischen Anblick.
Bedauerlicherweise begann dann der laute Teil des Abends mit viel Alkohol und lauter Musik, das ist beides nicht meine Welt. Da wir mitten im Wattenmeer der Nordsee ankerten konnte sich aber kein Anrainer beschweren.
Der Samstag begann mit Regen. Wir warteten ab und gegen 10:30 nahmen wir Kurs auf Makkum. Das Ijsselmeer ist, weil die Eingeborenen keine Tide haben wollten, durch einen seeeehr langen Deich von der Nordsee getrennt. Also schleusten wir mit vielen Sportbooten und legten dann im kleinen Hafen an.
Da meine Segelhandschuhe gestern verschütt oder über Bord gegangen sind, kaufte ich mir hier neue. Segelsetzen (da passiert nichts automatisch oder über tolle leichtgängige Winden, sondern mit den Händen und viel Kraft von vielen Menschen) ist ohne Schutz keine solche Freude. Die dicken, rauen und manchmal nassen Taue sind schmerzhaft, wenn man sie fest anfassen und mit dem eigenen Körpergewicht ziehen muss.
Wer sich fragt, wie ich das mache: Doping. Morgens und abends 100mg Diclo.
Am Sonntag war ich mal wieder als erste auf, schnipselte zwei Schalen Obstsalat und saß dann mit den anderen Frühaufsteherinnen wehmütig an Deck, ein letzter Sonnenaufgang, schluchz.
Wir segelten bei allerschönstem Sonnenschein und 4-5bft zurück nach Harlingen, räumten auf und aus, um 15:11 ging unser Zug von dort und das ist das Ende dieser wunderbaren Reise. Um 22:00 bin ich zurück am Hauptbahnhof. Mäh!
(Ich hatte schon überlegt, bei Peter als Smutje anzuheuern, damit es nicht vorbei ist…).
Ich habe mich schon für den Törn im nächsten Jahr angemeldet, wie fast alle, die an Bord waren.
Ein komisches Gefühl, als die anderen in den Bus stiegen und davonfuhren nach einer so intensiven, nahen Woche; aber immerhin reise ich mit Vera nach Berlin
Hier kommt eine niederländische Schulklasse von einer Weltumseglung zurück. Ist wohl nichts Ungewöhnliches hierzulande.
Das war unsere grobe Route:
Kommentare, Anmerkungen, Fragen gern 🙂
Willkommen zurück. Schön, dass es so schön war. Herzlichen Gruß von Birgit