Tag 41, Freitag
Flossiemouth war bei Licht betrachtet nicht weiter erwähnenswert. Der Strand ist schön lang. Aber auch hier spielen viele Leute Golf, wie überall, wo ich bislang war. Golfplätze ohne Ende, an dem von Trump kam ich auch vorbei.

Ich machte einen kleinen Abstecher zu einem Fort, besichtigte es jedoch nicht. Militaria sind nicht so meins, keine Ahnung, was mich da geritten hat. Romantische Verklärung?
Das Titelbild habe ich übrigens gewählt, weil Bonnie Prince Charlie für mich für Schottland steht und hier immer wieder präsent ist.
Acht von zehn Leuten nennen mich Darling (in Läden, Cafés, auf der Tankstelle...), in ernsteren Situationen Dear, also wenn ich etwas (sprachlich) nicht sofort verstehe beispielsweise. Dann komme ich mir gleich etwas gehandicapt vor, also geistig nicht sooo rege.
Wenn es wirklich ernst wird, heißt es plötzlich Madam.
Beispiel:
Ich will für heute Abend einen Campingplatz reservieren, für einige in einem Zusammenschluss gibt es eine Sammelrufnummer. Ich bat also um eine Reservierung für ein Auto. Sie: ein Auto und ein Zelt. Ich: nein, nur ein normales Auto, kein Strom, kein Wasser. Sie: also ein Caravan. Ich: nein, ein Auto. Sie: dann ginge das nicht, täte ihr so leid. Ich: äh, wieso? Sie: because it is not the purpose of a car. Madam (! Na, Prinzip ist klar, oder?) Ich: doch, von meinem schon, es ist ein Bett drin. Sie: also ein Caravan. Ich („aaaaaaaargghh!!!): nein, ein normales Auto. Sie: es täte ihr so leid, es wäre alles fully booked. Madam.
Schottland.
Ich bin jetzt in den Highlands, kurz vor Inverness (Betonung auf der letzten Silbe) informierte mich ein Schild darüber. Es hat sich nichts geändert. Mir ist klar geworden, dass das hier alles viel, viel kleiner ist als Skandinavien und ich bei den gewohnten Etappen ratzfatz durch bin. An der breitesten Stelle misst das Land gerade mal 250Km (an der schmalsten lediglich 39).
Loch Ness liegt übrigens bei Inverness, aber da Nessie wohl Sommerferien hat, habe ich den See ausgelassen.
Bei einem großen Sainsburys ging ich einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nach, Supermarktbummeln. Ich frage mich immer, weshalb es bei uns so wenige Dinge mit Stachelbeeren gibt, hier finde ich immer die köstlichsten Kreationen: Joghurt, Marmelade (der Kracher mit Clotted Cream zu Scones), Kuchen.... Der schottische Büffelmozzarella ist sehr gut, ziemlich fest, hervorragend im Geschmack.
Vor dem Supermarkt kam mir ein Briefkasten mit fantasievoller Haube vor die Linse. Guerilla Knitting?
In Inverness bummelte ich zwei Stunden durch die Gegend, hat mich auch nicht vom Hocker gerissen. Allerdings gab es dort ein riesiges Buchantiquariat und die hatten auch viele Karten, aber nicht das, was ich wollte und teilweise auch vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Nicht besonders hilfreich. Mir fiel erneut auf, wie in den anderen Orten im UK, in denen ich war, dass es viele Second Hand Shops und Cafés gibt, die der Unterstützung bestimmter Gruppen oder von Tieren dienen.
Na, der Westflügel eines Schlosses zum Schnäppchenpreis?
Dann stand ich vor der Entscheidung, den Rest Norden auch noch ansehen oder durch die Highlands an die Westküste? Die Highlands, die Isle of Skye (Skye gehört zu den Inneren Hebriden, falls sich jemand schon mal gefragt hat, wo die eigentlich sind) und die baldige Fährfahrt nach Irland haben gewonnen. Ich bin seeehr gemütlich und nur die kleinen Straßen gefahren, meist einspurig, mit Passing Places beidseitig alle paar Meter, also einer fährt immer in eine schmale Bucht und lässt den Entgegenkommenden vorbei. Klappt sehr gut. Würde bei uns vermutlich zu zusätzlichen Verkehrstoten führen.
Vor der Brücke zur Insel habe ich auf einem Parkplatz mit spektakulärer Aussicht auf Loch Alsh gehalten und Balu zum Schlafen fertig gemacht. Das wird meine erste Nacht wild (ist in Schottland erlaubt). Ich hab vielleicht ein bisschen Angst?
Tag 42, Samstag
Ging alles gut, auch wenn es mir etwas zu laut war.
Skye ist winzig. In sechs Stunden bin ich bis zum nördlichsten Punkt gefahren und zurück und in den Süden zur Fähre, größtenteils auf einspurigen Straßen, habe oft angehalten und dennoch. Die Insel ist verseucht von uns Touristen, Heuschreckenschwärmen gleich. An den schönen Stellen werden die Busse ausgekippt bzw. die großen Mietwagen vieler Asiaten und natürlich die Womos. An manchen Orten habe ich keinen Parkplatz bekommen. Das fand ich alles wenig erbaulich, auch nicht die Asiaten, die über Stacheldrahtzäune und abgesperrte Gatter auf offensichtlichen Privatbesitz stiegen, um den Platz für das beste Foto zu erreichen.
Skye ist, zumindest für mich, nicht sooo der Burner. Hübsch, ja, aber keine schönen und auch zugänglichen Strände, viele Zäune und Stromleitungen. Die vielen alten Steine in Schottland sind toll, die neueren Häuser sind alle beige, grau oder greige und sehen aus wie aus den Katalog. Es wirkt oft sehr zersiedelt. Was mir fehlt, ist Farbe. Es gibt nix Buntes.
Und etwa 60% der Insel lag unter teilweise sehr dichtem Nebel.
Dennoch entspricht die Insel eher meiner Vorstellung von Schottland, als der Teil der großen Insel.
Auf Skye sind Balu und ich auf 10.000Km gekommen. Braves blaues 🚙
Es gibt hier sicher mehr Schafe als Einwohner, aber nun muss ich immer denken, nachdem ich die Zutaten im Detail kenne, Haggis auf vier Beinen…..
Ich machte einen Bummel durch Portree, war aber auch nicht erinnernswert schön.
Eine Bucht habe ich gefunden (An Corran Beach) zum Baden, die lag im Nebel, Busse wurden ausgekippt und eingeladen, am Strand Schotten und ich in Badesachen, ein skurriler Anblick.
Das mit den vielen Menschen gefiel mir wie gesagt nur mäßig, und ich wollte die Fähre von Armadale nach Mallaig nehmen. Ich hatte Glück, auf die letzte zu kommen, in Schottland ist im August High Peak. Ich hatte nur nach Ferien in Irland geguckt, wollte ja eigentlich nicht nach Schottland, die sind da im Juni und Juli. So kann’s gehen🤷♀️Deswegen gibt es auch nirgends Schlafplätze, ich hab mich schon gewundert.
Was ich übrigens, mal etwas zusammenhangslos eingefügt, gern noch machen möchte ist, in einem Schloss zu schlafen und in einem Leuchtturm.
In Mallaig also von der Fähre und dann wollte ich einen schönen Platz finden. Unmöglich. Zum einen gibt es wirklich wenige Parkplätze. Vor dem einzigen Supermarkt im Umkreis von 40Km vier. Ein Bezahlparkplatz ein ordentliches Stück weg. Die wenigen anderen natürlich besetzt. Viele Parkverbote. An den schönen Stellen: alles voll, lauter Schotten und Briten mit Autos und Wohnmobilen, so eng, da passte keine Briefmarke dazwischen. Und da so viele Straßen einspurig sind, kann man auch nirgends am Rand parken, es gibt einfach keinen.
In einem sehr kleinen Ort tauchte ein passend proportionierter Spar Laden auf mit einem reizenden älteren Mann hinter der Kasse. Ich kaufte ein schottisches Ei, wollte ich schon immer mal probieren (ein hartgekochtes Ei in Bulettenmasse; ziemlich uninteressant). Er flötete "Its a lovely day, Darling, isn’t it?!" Ein entzückendes Stereotyp, das einem fast überall begegnet.
Also habe ich irgendwann einfach an einem freien Parkplatz gehalten. Dann bin ich ins Gebüsch, um Geschäfte zu machen. Als ich in Balu lag, juckte es plötzlich in der Kniekehle. Angeschwollene, gerötete Stelle. Und mittendrin saß eine sehr kleine Zecke, vielleicht 2mm groß. Ich hasse Zecken. 🤢 Ich habe sie mit der Pinzette raus gerupft. Es ließ mir keine Ruhe, also Bestandsaufnahme im engen Auto mit der Taschenlampe vom Handy und einem Handspiegel. Das war eine Situation, in der man eher froh ist, nicht gesehen zu werden. Insgesamt waren es sieben (!) von den kleinen Biestern. Jesusmariaundjosef. Es juckte die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag, Psycho. Jetzt, liebe Impfgegner, bin ich froh und dankbar, dass ich mich gegen Zeckenbissfolgen noch habe impfen lassen und dass es das gibt.
Tag 43, Sonntag
Ich fuhr 350km bis Portpatrick ins Hotel Fernhill. 142€ mit Halbpension, also Menü zum Abendessen und Frühstück. Reserviert habe ich Fähre und Hotel gleich morgens mit dem ersten tauglichen Empfang aus einem sehr großen Bedürfnis heraus nach zivilisatorischen Errungenschaften.
Das war eine der besten Duschen ever! Hätte ich eine Drahtbürste gehabt, ich hätte sie benutzt.
Mein Zimmer hat einen großartigen Blick 😃
Im Hotel darf ich netterweise in der Waschküche Waschmaschine und Trockner nutzen.
Um 18:30 gibt es Essen, bis dahin habe ich hoffentlich den Blog fertig, danach geht es noch zum Wäsche einsammeln.
Gerade lese ich den Kommentar von Pavel, lach. Ich bin wegen der Feriensituation hier leider hauptsächlich auf Sandwiches, Scotch Egg, Crisps, Äpfel und Scones ausgewichen. Aber heute wird auf jeden Fall das Dinner dokumentiert und in Irland will ich unbedingt lecker essen und hoffe auch auf Austern. Ich gelobe Besserung.
Bislang am schönsten fand ich in Schottland, neben der beeindruckenden, schroffen Ostküste, die Straßen zwischen Mallaig und Fort William. Tolle, abwechslungsreiche Landschaft.
Und morgen geht es nach Irland, ich freu mich darauf. Vom Wild Atlantic Way träume ich schon seit ein paar Jahren, ich will ihn komplett abfahren. Linksverkehr ist übrigens kein Thema mehr, heute habe ich keinen damit zusammenhängenden Fehler gemacht und musste mich auch nicht mehr bewusst erinnern.
So, das Abendessen:
Sehr nett eingedeckt, vorweg wählte ich die gegrillte Makrele, dann die Süßkartoffelsuppe, dann lernte ich am Nachbartisch Andrea und Simon aus Newcastle kennen, die ein verlängertes Wochenende machen, sechs Kinder haben und in jeweils zweiter Ehe einen sehr glücklichen und vor allem lustigen Eindruck machen. Ich bekam dann eine Perlhuhnbrust (für Guinea Fowl musste ich Deepl bemühen) mit Blutbonbons und statt eines Desserts wählte ich die Käsevariation mit Crackern (der Blue Stilton war mein Favorit). Die Blutbonbons habe ich hin und her geschoben, Simon meinte, sie seien köstlich, also habe ich mich überwunden, die Neugier gewann den zweiten Platz, die Serviette den ersten….. Das war (fast) alles sehr lecker und schön angerichtet.
Zur Begleitung entschied ich mich für einen Pinot Grigio Rosé, passte gut. Die beiden anderen Vorspeisen auf den Fotos waren von Andrea und Simon, Special für Pavel😉
Ein sehr schöner Abend, mein Englisch ist so grottig, dass ich mich schäme. Vor acht Jahren sprach ich flüssig. Alles weg, mir fallen die einfachsten Worte nicht ein. Ich bin völlig raus. Früher war ich in der Lage, zu umschreiben, geht nicht mehr. Miaou.
Schlaft alle schön 💤💫🌚
Vielen Dank, tolle Bilder (vom Essen natürlich. Eigentlich braucht es nur Fotos von Menschen und von Essen, meine Meinung). Zum Käse: Das gehört zu meinem Entdeckungen der letzten Jahre: Dass England wirklich hervorragenden Käse hat. Und ja, Blue Stilton ist schon ganz besonders lecker.