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🇨🇦 Ontario, Québec, New Brunswick, Tage 101-104

Autorenbild: Charlotte TinaCharlotte Tina

Aktualisiert: 26. Feb. 2024

Am Freitag, 16. Juni, passierte ich Toronto und fuhr dann am Sankt-Lorenz-Strom entlang, den ich allerdings erst am Nachmittag sah. Den Namen kannte ich aus Büchern und aus Indianergeschichten aus der Kindheit.


Ein gewaltiger Fluss, der drittgrößte Nordamerikas, aus dem das Wasser der großen Seen (Lakes Superior, Huron, Erie, Ontario, Michigan) in den Atlantik abfließt.


Das B&B in Halsteads Bay, meinem Ziel, lag fast direkt an seinem Ufer.


Auf dem Weg musste ich mich endlich mal um Luft für die Reifen kümmern. Es gibt hier ganz anders funktionierende Pump-Dingsis als bei uns. Ich hab's nicht verstanden und den Tankwart gefragt.


Der Reifendruck wird hier in PSI (pound-force per square inch) angegeben. Beim Aufpumpen prüft man das mithilfe des Pegels, der ausfährt. Die Skala ist in 2,5er Schritten, schlecht lesbar, ungenau zudem. Luft auf dem Highway kostet meist nichts, in Städten aber gern mal C$2.

Meine Reifen sollen maximal 51 PSI Druck haben, ich habe mit knapp 50 befüllt.

Dann habe ich überlegt, ist ja Quatsch, die Reifen waren warm vom Fahren, es war draußen kühl, das Auto ist wenig beladen, die Herstellerangabe ist für kalte Reifen bei mittlerer Temperatur und voll beladen, das sollte also viel weniger sein. Nach 60Km also wieder an eine Tanke und das Gerät angesetzt, der Pegel sagte 40PSI. Schreck! Der Reifen verliert Luft! Beim nächsten Reifen dasselbe und ebenfalls bei den anderen. Ist anscheinend sehr zuverlässig, diese Methode 😬

Der Mittelwert ist 45, also habe ich es gelassen, wie es war.


In Gananoque habe ich meine Wasser- und Kirschvorräte aufgefrischt. Weil es donnerte und regnete konnte ich nicht mehr machen. Also Netflix in meinem kitschigen B&B.


Samstag, 17. Juni

Nach dem überschaubaren Mahl (mini Obstsalat) machte ich mich schon um 7:30 auf den Weg. Ich wollte trotz der anstehenden 400Km auch irgendwo schwimmen. Das tat ich in Montréal in einem modernen, neuen Bad mit Unisex-Umkleide. Das Konzept hat mich nicht überzeugt (nudité interdit aber nur wenige Umkleide- und Duschkabinen).

Danach musste ich mit Poutine avec saucisson meinen Hunger stillen. Ich mag das, aber selbst die kleinste Portion ist nicht zu schaffen. Poutine gibt es nun an jeder Ecke, in jedem Lokal und Imbiss. Dazu eine Meinung zu haben, ist wichtig. Es zu mögen ein Pluspunkt im Gespräch.

Poutine ist Glaubenssache. Wie Currywurst in Berlin.


Apropos! Das wäre ja mal spannend!😁

Was sind Eure liebsten Buden in Berlin?

Meine sind die am Humboldthain auf der Ecke am Eingang zur S-Bahn, die auf der Kantstrasse unter der Bahn-Brücke neben Ullrich (unkuschelig aber klasse) und KuDamm 95.

Jetzt Ihr!

Plötzlich war ich in Québec und plötzlich ist alles französisch, Schilder und gesprochene Sprache.


Mein ländliches B&B (wie in Frankreich heißt es hier gîte agricole) war zwischen Montréal und Québec (Provinz und Hauptstadt haben den selben Namen). Hühner gab es auch und die lieferten die Eier fürs Frühstück.


Hundedame Jesse begrüßte mich gleich. Mein Zimmer ist, hm, wie sage ich das? Erstaunlich. Ein bisschen gruselig. Aber ist ja Geschmackssache. Meiner ist es nicht.

Meine Gastgeber Jacinthe und Claude waren entzückend. Sie erzählte mir von einem Gourmet Food-Festival eine halbe Stunde entfernt und als ich fragte, ob sie mitkommen wollten, sagten sie spontan ja und mit Jesse ging es in ihrem Auto los.

C$15 Eintritt und dann hielten wir an fast jedem der knapp 50 Stände. Die beiden kannten Gott und die Welt, es war extrem lustig und ein witziger Mischmasch aus Französisch und Englisch und den kanadischen Kreationen dazwischen.

Angeboten wurden regionale Besonderheiten.

Ich habe erstmals Bison gegessen (wie eine Mischung aus Schwein und Huhn, ganz anders, als ich es erwartet hätte).

Bei einer vor zehn Jahren eingewanderten Schweizerin probierte ich etwas mit Kaninchen.

Dann eine Camerise, eine Beere, die eine Mischung aus Blaubeeren und etwas anderem, das ich vergessen habe, ist.

Einen alkoholfreien Chardonnay mit Schokoladengeschmack. Super seltsam. Sehr intensiv.

Eine Zuckerwatte aus Ahornsirupzucker, sooo lecker!

Ahornsirupbutter. Auch sehr lecker.

Verschiedene Karamellcremes.

Verschiedene Saucen, wobei mir eine mit Chipotle und eine BBQ-Sauce mit Cranberries und Orange besonders gefielen.

Überall liefen Leute in Kostümen rum, eine Mischung aus historisch angelehnt und Steampunk.

Der Käse in Nordamerika, und ich glaube, ich habe jetzt fast alle Sorten durch, ist beschissen! 🤣 Er hat immer die Konsistenz von Gummi, schmeckt bestenfalls ansatzweise wie Gouda, schlimmstenfalls nach nichts aber extrem salzig, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinen Namensvettern.

Ein Faktor mag sein, dass ausschließlich mit pasteurisierter Milch gearbeitet werden darf.


Die Franzosen machen fraglos Käse, den mit dem hier produzierten vergleichen zu wollen einer bösen Beleidigung gleichkäme.


Das war trotzdem richtig schön, danach war ich völlig geplättet. Seit 7:30 unterwegs, mittags 1Km schwimmen, Dauerregen, 400Km, 2,5h Ausflug. Fin.


Sonntag, 18. Juni

Um 8:00 gab es Frühstück. Jacinthe hat eine große Begeisterung fürs Kochen und hatte am Abend schon ihre Kochkünste und ihre Crêpes angepriesen, also wollte ich eins probieren am Morgen. Ihr Freund André war da und wir unterhielten uns alle eine gute Stunde.

Das Crêpe war schauderhaft. Viel zu dick außer am Rand, labberig, viel zu hell.

Sie guckte ganz begeistert erwartungsvoll und ich brachte es einfach nicht übers Herz, die Wahrheit zu sagen, sie war so nett! Dabei bin ich in Sachen Essen immer gnadenlos und erwarte das auch in Bezug auf meins. Hilft ja nicht, da etwas zu beschönigen, man lernt nix.

André bezeichnete die Seine als Kanal. Richtige Flüsse habe Kanada, so wie den Sankt-Lorenz-Strom.


Sie sind überzeugt, viel besser zu sein als das Mutterschiff und in ihrer Arroganz diesbezüglich lustigerweise dann doch ganz genau so wie die Bewohner des Landes ihrer Vorfahren.


In einem Tim Hortons bezahlte eine fremde Frau plötzlich meine Rechnung. Keine Ahnung, weshalb. Von hinten kam ein do you mind?, ich nahm an, sie habe es sehr eilig und wollte sie vorlassen, da lag ihre Kreditkarte schon auf dem Gerät. Auf die Frage, warum, sagte sie, ich wirke wie eine nette Person und solche Sachen würden eben manchmal passieren. Ich habe es immer noch nicht verstanden.


Den größten Teil des Tages regnete es wieder. Der Sankt-Lorenz-Strom ist wirklich mächtig. Je weiter ich nach Norden fahre, desto breiter wird er, man sieht das andere Ufer nicht mehr.

Auf der gegenüberliegenden Seite ist er mehr als 100m tief! Ein Fluss! Hier sind viele Wale unterwegs auf Futtersuche.

André erzählte, morgens und am Nachmittag könne man sie vom Ufer aus gut beobachten. Leider fährt die Fähre einfach 1,5h, das schaffe ich leider nicht.

Allerdings wäre die Fähre aufgrund der Wetterbedingungen eh nicht gefahren.

Immerhin tauchte ich meine Füße ins eisige Wasser. Am anderen Ufer soll das (Salz-)Wasser auch im Sommer Minusgrade haben.

Und ich aß Hummer am Fähranleger, die erste günstige Gelegenheit, jetzt geht es damit los. Freut Euch schon mal auf zehn bis 14 Tage Hummerfotos 😂


Es gab dazu in billiger Fertiggemüsebrühe gekochten Reis, immerhin einen Beilagensalat mit Fertigdressing und der recht große Hummer selbst war lauwarm, aber dennoch sehr lecker mit der zerlassenen Butter zum Tunken.

Der erste Supermarkt in Québec. Es gibt europäische Käse und Baguette und richtig billig frisch gepulte Crevetten und Ahornzucker für 4,50€ und schönen Joghurt und frisch gekochte Hummer, die just eingeräumt wurden, als ich in der Fischabteilung große Augen bekam. Eine riesige Obst- und Gemüseabteilung.

... 🥴ich will gar nicht weg aus Québec!

Endlich wieder gute und interessante Nahrung.


Auf der Weiterfahrt sah ich leider einen großen toten Elch am Straßenrand.


Das Motel war wunderschön gelegen am Lac Témiscouata. Schade, dass es 11° waren und dass es regnete.


Das kanadische Französisch verstehe ich fast nicht. Sie haben sehr viele frankierte (oder wie ist das Pendant zu anglisiert?😆) Lehnwörter, sprechen ohne Punkt und Komma und haben einige dialektale Besonderheiten. So unterscheidet sich die Phonetik teils deutlich, chose wird wie shows ausgesprochen, so wie viele andere Wörter ebenfalls einen starken englischen Klang haben.

Sie benutzen Vokabeln, die in Frankreich nicht mehr gesprochen werden (Beispiel Wochenende: fin de semaine statt week-end. Es gibt sicher sehr viele Beispiele, das ist mir aufgefallen, aber andere Worte kenne ich einfach nicht). Das ist seltsam und, wie gesagt, für mich zumindest kaum zu meistern.

Im Supermarkt sprach ich darüber mit einer Angestellten, die sehr lachen musste und das bestätigte. Sie meinte, in Frankreich hätte sie auch kaum jemand verstanden.


Montag, 19. Juni

Nach ein paar Kilometern war ich schon in der nächsten Provinz, New Brunswick. In einem großen IGA fahndete ich nach frischer Hefe, Sauerteig und Vollkornmehl. In der Hütte will ich Brot backen. Es stellte sich heraus, dass sie Sauerteig zum privaten Gebrauch nicht kennen, vier Leute waren involviert; so etwas kann ich 😂 Und frische Hefe gibt es auch nicht. Immerhin gab es Trockenhefe und Vollkornmehl. Ich nahm nur Weizen, damit der Teig eine Chance hat, aufzugehen.


Jetzt bin ich in einer Region, wo wirklich überall Schilder hängen, die Homard (cuit/prêt) anpreisen (Hummer, gekocht/fertig) für Spottpreise. Ich kaufte einen ziemlich großen Hummer für 13,80€. Das ist so großartig! Und gleich einen Knacker dazu, den brauche ich die nächsten zwei Wochen.

Wisst Ihr, dass Hummer im 18. Jahrhundert und noch lange ins 19. hinein ein Essen für arme Leute, die Dienerschaft und Verbrecher war? Wegen der Überpopulation wurde er als Gefängnisessen zubereitet.

Dann wollte ich schwimmen, das Gelände war auf, aber kein Mensch dort und es sah nicht so lecker aus.

Ich passierte einen Wasserfall

und kurze Zeit darauf fuhr ich auf die 108, ein einspuriges Schlagloch mit etwas Asphalt drum herum, das quer durch die Provinz führt.

Am Anfang stand ein Schild, die nächste Tanke sei 137Km entfernt. So, wie jegliche andere Zivilisation.


Die Landschaft ist sehr schön, sehr weit, leicht wellig, dicht bewachsen.

Ich fuhr und plötzlich rannte, vielleicht 20m entfernt, ein Bär über die Straße.

Aufregend!!!

Ich nehme an, aufgerichtet wäre er etwa so groß wie ich gewesen.


Mir fiel auch gleich Bill Bryson ein, dessen kurzweilige und lustige Bücher auch Erlebnisse in der Wildnis nordamerikanischer Nationalparks schildern.


Überall und gefühlt im Abstand von 50m stehen Achtung! Elch-Schilder. So einer begegnete mir auch noch:

Endlich scheine ich in die Regionen zu kommen, die ich erleben will!


Das B&B ist ein schönes altes Haus mit einigen schönen Bildern (das rot weiße Boot könnte ich sofort einpacken), ich habe es ganz für mich und darf den Kühlschrank plündern, wie ich mag.

Aber mein Abendessen um 15:30 war der super leckere Hummer mit etwas Knoblauchmayo.

Morgen komme ich nach Nova Scotia und zur Hütte am Meer für drei Nächte, auf die ich mich schon so freue.





3 comentários

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Pavel Richter
Pavel Richter
22 de jun. de 2023

Currywurst gerne an der Hasenecke am Savignyplatz!

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Charlotte Tina
Charlotte Tina
22 de jun. de 2023
Respondendo a

Aaaah, da war ich ewig nicht nach diversen Betreiberwechseln. Dann muss ich da mal wieder hin 😋

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Convidado:
22 de jun. de 2023
Avaliado com 5 de 5 estrelas.

Liebe Tina 😍es ist einfach schön hier !!!! 😀macht solchen Spaß ..🙏👍denke an dich 😍liebe grüße Dagmar

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