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🇪🇸 🇫🇷 Beraubt. Marseille. Seeigel. 95-98

Autorenbild: Charlotte TinaCharlotte Tina

Aktualisiert: 26. Feb. 2023

Mittwoch, 5.10.22, landete ich, nach vielen Kilometern und leckerem (meine ich so, der Kaffee und der Kuchen waren super) Tankstellen-Frühstück am Morgen, im Kloster. Ja, es ist soweit...

Ein erstaunlicher Bau, mein Zimmer eine Zelle mit wunderschönem Fenster und Blick, sowie grausigem Bett, weich wie Schaumstoff. Oh je.

Ich erkundete das Gebäude. In der Mitte war eine große Kapelle, eher wie eine Kirche im Kloster, ebenso hoch wie das gesamte Gebäude. Das ist teilweise nach wie vor als Kloster in Betrieb, aber ein Teil auch Herberge. Das wäre was für Dich, Daggi!

Dann fragte ich nach dem Schwimmbad, wieder schwierig, weil die einzigen Sprachen auf deren Seite Spanisch und Catalán waren. Immerhin verstehe ich einige spanische Brocken, weil sie dem Französischen ähnlich sind. Beispiel piscina/piscine. Die Dame lief mit mir los, um das riesige Gebäude herum zu einem Pfad, der durch Felder führte. Sie drückte mir Schlüssel in die Hand und bedeutete mir, am Ende des Weges links, nicht die Treppe hoch, dann rechts. Ich zockelte also los, und irgendwann tauchte dieser wunderschöne Pool auf. Unglaublich. Eingezäunt, mit zwei Umkleiden, Toiletten, Duschen. Alles picobello. Na ja, ich schloss auf und genoss das zwei Stunden lang, ohne das jemand auftauchte.

Um 20:30 sollte es Abendessen geben. Ich war anscheinend die einzige. Der Speisesaal war leer, aus der großen Küche tönte Scheppern und irgendwann tauchte ein netter junger Mann auf mit einem Wägelchen mit viel zu viel Essen. Von allem ging die Hälfte zurück. Vorweg lauwarme Nudeln in würziger Tomatensauce, dann schon eher kühle Hähnchenkeule mit Ratatouille und ein Salat. Dazu eine Karaffe untrinkbaren Weißweins und Wasser. Das Zimmer kostete 25€, das Essen 12€. War okay.


Donnerstag, Tag 96

Im Kloster stand ich mit entsetzlichen Rückenschmerzen auf, die mich um 4:00 geweckt hatten. Eine Tilidin sorgte dafür, dass ich zumindest laufen konnte.

Ich fuhr ganz ohne Plan los, einfach Richtung Grenze bei Perpignan.

Hinter Barcelona tauchte ein weißer Ford Kugan auf. Er überholte mich und machte das, was Spanier zu lieben scheinen: einscheren und deutlich langsamer werden. Also überholte ich erneut. Dann überholte wieder er mich und machte dabei Handzeichen, etwas Drehendes. Er fuhr mitten auf der vollen Autobahn auf den Seitenstreifen und machte eine Vollbremsung. Interessant. Ich ignorierte das, durch Marokko abgebrüht, und fuhr weiter. Wenn etwas mit den Reifen wäre, hätte Balu schon gekräht.

Da tauchte der wieder neben mir auf. Wieder die Gesten. Da ich bislang ausschließlich Reifenprobleme gehabt habe auf der Reise, wurde ich unsicher. Was, wenn.... Einige Kilometer später tauchte ein Autobahnparkplatz auf und ich dachte, lieber gucken. Der Typ war derweil verschwunden, stand nun aber dort auf dem Parkplatz. Ich stieg aus, er stieg aus. Auf Englisch sagte er, mit meinem Rad sei etwas nicht in Ordnung. Ich fragte, was denn? Er lief ums Heck zum hinteren Steuerbordreifen, bückte sich, wackelte an der Radkappe und begann, die Ventilkappe abzuschrauben. Ich sagte ihm, er solle aufhören. Er machte weiter. Das war der Punkt, an dem ich mich fragte, was läuft denn hier? Mehr und mehr verstehe ich die Bedeutung von "etwas kommt mir spanisch vor".

Ich brüllte ihn an und schubste ihn weg, da war er doch erstaunt. Ich auch. So etwas kann ich? Gut! Er lief schnell los und meinte noch etwas wie "it is your car". Stieg ein und brauste los. Ich stieg auch ein und sah sofort, dass mein Rucksack aus dem Beifahrerfußraum verschwunden war. Scheiße scheiße scheiße!!!! Das iPhone war Gottseidank noch da, mit Kabel angeschlossen.

Ich brauste ebenfalls los, ohne Rücksicht auf Verluste, ehrlich, ich war so sauer und schockiert! Mein Tacho zeigte fast 180 (ich bin sicher, dass Balu nicht so schnell fährt, der Tacho endet auch bei 190, aber so schnell war ich mit dem Wagen noch nie), ich jagte dem Mistkerl und seinem Komplizen hinterher. Ich war so wütend, ich hätte ihn wahrscheinlich gerammt, hätte ich ihn gefunden. Dreispurige Autobahn und ich wie eine Irre auf dem linken Streifen. Im nachhinein könnte ich mich schlapp lachen über das Bild.

Eine Ausfahrt ließ ich aus, fühlte sich nicht richtig an, dann kam wieder ein Parkplatz. Nichts zu sehen. Ich hielt an, stieg aus und Adrenalin überschüttete mich. Puh. Vor mir ein WoMo aus Wuppertal, ein älteres Paar daneben; sie fragte mich, ob alles okay sei. Ich berichte, fing an zu weinen (die Wut der Frauen....) und sie fragten, war der Rucksack blau? Ich, äh, ja? Sie: der liegt vorne an der Einfahrt.

Als sie auf den Parkplatz fuhren, war vor ihnen ein weißes Auto abgefahren, wurde langsamer, ohne zu halten, der Rucksack wurde aus dem Fenster geworfen und dann fuhren sie schnell weiter. Das war so seltsam, dass es natürlich auffiel.

Ich lief hin und nahm ihn auseinander. Jedes Fach war durchwühlt worden, alles Bargeld, auch die Münzen und Dirham weg, etwa 100€ zusammen.

Pass, Ausweis, Kreditkarte, Impfpass, Medikamente, alles andere war da.

Uff!!!!!!!! Was für ein Glück!

Ich nehme an, er hätte mir die Luft abgelassen und dann hätte ich ihnen nicht mehr folgen können. So haben sie nur behalten, was sie nicht belasten konnte? Keine Ahnung, vielleicht waren sie auch Anfänger und ich ein Probelauf.

Der Klassiker, hörte ich mittlerweile mehrfach 🙄 Für mich leider nicht.

Ich rief die Polizei an und beschrieb alles (englisch). Sie bat mich, zu einer nahe gelegenen Dienstelle zu fahren. Nach innerem Hin und Her tat ich das, blöde Idee, Zeitverschwendung. Was sollen sie tun, ohne Kennzeichen?

Als sie nach den Vornamen meiner toten Eltern fragte sagte ich ihr, dass wir an der Stelle abbrechen. Verstand sie. Das zu schnelle Fahren: kein Problem, gab da keinen Blitzer (Zwinkern).


Ich fuhr also weiter und es ging mir nicht gut. Suchte ein Hotel, fand nix. Fuhr Richtung Figueres und dachte, hmmm, was war denn mit Figueres? Und da tauchte ein Schild auf, Salvador Dalí-Museum. Ach ja, Dalí.

Abgefahren, verfahren, Parkhaus.

17€ Eintritt, satt.

Es gab wenig, was mir gefiel, eigentlich vor allem Zeichnungen und Skizzen und auch ein, zwei Aquarelle, die so mühelos und schlicht wirken.

Es gab viel, was ich noch nicht kannte. Das Haus schloss früh, also raus und los. Ich buchte ein teures Hotel, einfach, um zur Ruhe zu kommen.

Kurz: es gab ein gleichnamiges, entgegengesetzte Richtung, 70Km für gar nichts. An manchen Tagen läuft es einfach.....

Das Zimmer ist stylish, nicht sooo meins, aber mal ganz nett zur Abwechslung.

Das Restaurant allerdings war eine andere Sache. Das war doch eher abgelegen und es war rappelvoll. Die Speisekarte katalanisch-französisch. Von einem Franzosen geführt.

Als ich rein kam putzten seine Eltern gerade Pilze.

Auf den Tisch kamen ausgezeichnete junge Oliven, sehr fruchtig.

Vorweg ein Tagesgericht, eine Burrata mit Mini-Feigen und Iberico-Schinken. Sehr gut

Dann eine Pilzpfanne. Ich bin ja keine sooo große Pilzfreundin, aber die waren klasse; vielleicht ein Hauch zu viel Öl.

Und Bruder Tom entdeckte, dass einer auch lachte

Dann schwankte ich zwischen einem Coulant au chocolat (Lavaküchlein, der mit dem flüssigen Schokikern) und Variationen von Käsesorten mit Marmelade. Letztlich bin ich doch immer neugieriger auf die herzhaften Dinge. War sehr nett. Ein Käse war wirklich toll, der gelbe mit dem Blauschimmel. Noch nie gesehen, keine Ahnung, wie der heißt, sehr würzig. Sehr. Das kleinste Stück, also vermutlich auch der teuerste.

Abschließend ein verdammt guter Espresso und vom Haus ein köstliches, knusprig-zartes Mandelgebäck. Im Anschluss noch einen Absacker. Kannte ich nicht, war nicht so meins, blieb stehen.

Und obwohl das für mich viel Alkohol war (zwei Gläser Wein und etwas Schnaps), die Anspannung wollte nicht so recht weichen. Ich lief in der Nacht umher zum Flüsschen, das ich später auch in der riesigen Wanne gluckern hörte, dann zum kleinen Pool.

Beim Zubettgehen merkte ich, dass auch das Ladekabel und der Stecker vom iPhone fehlen. Die soll der Blitz beim Sch... treffen!

Noch mal anziehen, Kabel fürs Auto und Powerbank aus dem Wagen holen, geht auch.


Freitag, Tag 97

Über die Grenze bei Perpignan ging es flott nach Frankreich. Landschaftlich eine sehr reizvolle Gegend. Andorra, die Pyrenäen, da gibt es viele schöne Ecken. Dort waren Lutz, Ernst, mein anderer Bruder und ich vor 37 Jahren mit den Motorrädern. Das kann unmöglich so lange her sein!!!!!

Ich fuhr aber weiter nach Osten, über Narbonne, Arles, Nîmes, Montpellier, durch die Camargue (da kaufte ich eine Salami, die eine lokale Spezialität ist, mit Stier, der rote und schwarze "Reis" war so teuer wie bei uns) und kurz vor Marseille war Ende mit der Konzentration (von Meknès nach Südfrankreich in vier Tagen, ich hab echt Kilometer gefressen), also checkte ich in einem kleinen Ort an der Küste ein, der Côte bleue. Ich ging auf Essenssuche, und in einem Fischladen hätte ich am liebsten die Jakobsmuscheln mitgenommen zu diesem unglaublichen Preis.


Ich bekam nichts zu essen, weil in Spanien und Frankreich die Gastronomen bestimmen, wann man Hunger haben darf. Mit Erdnüssen schleppte ich mich bis 20:30, dann bestellte ich eine Soupe de poisson für stolze 12€. Ihr könnt Euch vielleicht mein Erstaunen vorstellen, als eine leicht gebundene Fischbrühe kam, mit sehen guter, intensivst knofeliger Rouille und geriebenem Käse, aber ohne Fisch. Ich dachte wirklich, die nehmen mich hoch, habe aber mittlerweile Rezepte entdeckt, die dem entsprechen.


Im Anschluss aß ich einen Pulposalat, der nicht schlecht war, aber zu viele Oliven.


Am Samstag wollte ich auschecken und da war es wieder, Frankreich. Meine Zimmernummer? 119, Madame. Suchsuchsuch. Non, votre numéro est 114. Äh, nein, ich hab in dem Zimmer geschlafen, ich bin sicher. Vielleicht hätte 114 die versprochene Sicht aufs Meer gehabt? Suchsuchsuch. Sie waren in Zimmer 114. Nein. Und so weiter. Es stand so im Computer, also musste es wahr sein. das Essen fand sie auch nicht und erließ es mir, letztlich habe ich ein Zimmer bezahlt und das wars, 30€ aus dem Diebstahl sind wieder im Säckle für das nicht berechnete Essen.


Ich fuhr kleine Straßen, hübsche Landschaft da, bis Marseille. Besonders gefallen mir die Dächer mit den typischen hellen Ziegeln.


In Marseille war ich schon vor zwei Jahren für eine Nacht und fand es furchtbar. Interessanterweise fand ich es heute nett. Voll, viele zwielichtige Typen (wobei ich gerade sehr viele Typen sehr zwielichtig finde), aber hübsche Häuser, nette Läden. Hm. Erstaunlich. Ich kaufte einen Jahresvorrat meines Lieblingsduschgels von Le Petit Marseilleais, mit Verveine (Eisenkraut), super lecker zitronig, riecht ganz natürlich.

Seltsam für mich war es, die ersten Anzeichen des Herbstes zu sehen. Bislang bin ich, seit ich losgefahren bin, durch einen immerwährenden Sommer gefahren. Von den 98 Tagen hatte ich an 96 Sandalen an.


Dann schlenderte ich noch und kam an einem Café/Traiteur vorbei, das ich beim letzten Mal schon so ansprechend fand. Dieses Mal also rein und in den Auslagen geschwelgt; so schöne Dinge. Ich entschied mich für eine Jakobsmuschel in weißer Sauce und danach einen Montblanc, ein Dessert aus Maronenpüree und Sahne, sowie Cappuccino. Und einen mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen gefüllten, frischen Artischockenboden für das Abendessen. Der Montblanc war den Vergleich mit Lenôtre würdig, so etwas Gutes habe ich lange nicht mehr in Frankreich bekommen. Seit 35 Jahren? Haut hin.

Eigentlich wollte ich zur Tiefgarage, da lief ich an einem Konzeptrestaurant vorbei, dabei ein Meeresfrüchteshop. Sie boten Seeigel an, die wollte ich schon immer probieren!

Ich kam mit einem netten Herrn ins Gespräch, der mir wärmstens die Meeresschnecken empfahl. Also zwei neue Lebensmittel an einem Tag, toll!

Die Austern waren sehr gut (aber nicht so großartig wie die aus Donegal), die Schnecken waren vor allem zäh und schmeckten nach nix, weshalb man wohl auch Mayo oder Aioli dazu isst.

Der Seeigel ist interessant. In seinem Inneren findet sich der leuchtend orangefarbene Rogen, der ganz weich ist und mit dem Löffel gegessen wird. Und? Es schmeckt dezent nach nichts.

Also weiter Richtung St. Tropez. Das zog sich etwas, ich machte eine Supermarktpause und kaufte für Salat ein, bewunderte die wundervolle Auswahl an Tomaten, die Krebse und Hummer in einem ganz normalen Supermarkt. Das Eis sah auch so schön aus.

Es gibt keinen Senf! Amora Dijon Senf steht ganz oben auf meiner Liste. Die Franzosen bekommen wegen des Krieges keine Senfkörner, nicht mal aus Kanada (als ich danach fragte, echauffierten sich gleich drei Leute. Frankreich ohne Senf? Unvorstellbar) es gab nicht ein Glas in dem riesigen Laden.

Schließlich kam ich in der (hatte ich nicht erwartet) Wohnanlage in den Hängen über St. Tropez an. Mit Tor mit Zugangscode. Ich hatte wieder lange gesucht, weil ich vier Nächte bleiben wollte, um mal wieder zu entspannen. Ausschlaggebend für das hier war der große Pool von 26m, an dem wollte ich die Tage verbringen, lesend und schwimmend. Nun, der Pool ist zu seit einem Monat. Der Blick vom Appartement ist super, der Rest ist auch gut, aber das wollte ich nicht, seufz, ich wollte mich bewegen auf eine schmerzfreie Art. Mir fehlt mein Rad so sehr! Nun bin ich hier, also doch immer wieder ins Auto, um irgendwohin zu kommen. Aber ich kann wieder selber kochen, schön frisch.


Tag 99, Sonntag: es regnet Hunde und Katzen. Das ist ein Zeichen. Wäsche waschen (geht nur kalt im 12min-Programm. Nennt mich deutsch, aber das finde ich nicht richtig, wenn als Ausstattung Waschmaschine angegeben ist), lesen. Ach, und weiter mit booking streiten, weil im Preis 88€ Tourismusabgabe enthalten sind. Vier Leute, vier Nächte. 66€ hätte ich gern zurück. Und mit Vermieter direkt streiten, weil er behauptet, dass der Pool geschlossen sei stände in der Beschreibung. Non. Tut es nicht. Macht Spaß, diese Unterkunft.



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