Sonntag, 4. Juni
Mein erster Stopp war die Friedensbrücke in Calgary und ein bisschen Innenstadt am Fluss entlang. Nett. Ich kann mir vorstellen, dass das eine Stadt mit Lebensqualität ist.
Beim Start zur Tagesetappe hat das Navi mich gleich ca. 60km in die Irre geführt, bis ich wieder auf den rechten Weg kam und unendlich langweilige 200Km fuhr. Die Landschaft war flach, nichtssagend, trocken und nahezu unbesiedelt. Was für ein unglaublicher Kontrast zum Vortag.
Aber seltsamerweise mag ich dieses total entspannte Fahren und finde es toll, wenn etwas Neues auftaucht und ich anhalten und gucken kann. Wobei so gut wie nie etwas auftaucht. So sehe ich beim entspannten Fahren aus😁
In Brooks machte ich Pause, aß Brisket, Cole Slaw und Maisbrot. Alles sehr gut, das Fleisch war butterzart und zerfiel beim Aufgabeln, nur leider etwas zu fett. Da half die saure Gurke.
In einem Jeansladen setzte ich meine Suche (erfolglos) fort, es ging weiter 100Km bis nach Medicine Hat.
Sehr einfaches Hotel, aber okay für eine Nacht und C$59, also 41€.
Bei der Fahrt durch die Innenstadt musste ich mal kurz aus dem Fenster fotografieren:
Ich fuhr zu einem Laden der Reitmans hieß und da gab es so viele schöne Sachen. Nicht nur günstig, sondern zusätzlich 40% reduziert und gute Qualität. Ich erstand eine schöne leichte Hose und etwas Unterwäsche. Seltsam, zu Hause geht das alles nicht so schnell kaputt.
Spontan wollte ich wegen meiner schmerzhaften Verspannungen zu einer Massage; laut Google und Rezensionen ein guter Laden um die Ecke. Das war etwas seltsam, eine enge Treppe hoch im ersten Stock. Sah alles schäbig und zwielichtig aus. Und dann kam eine Asiatin im roten Babydoll um die Ecke 🤣da war ich wohl nicht ganz richtig, obwohl sie beteuerte, ja, normale Massagen.
In einem CircleK sah ich etwas Neues: Slush-Maschinen mit Bechern in drei Größen zum selbst Befüllen. Plus Softeis in acht verschiedenen Geschmacksrichtungen. Ich sah jemandem zu, nahm den kleinsten Becher und füllte Zitrone und Limette ein, das toppte ich mit Blutorangen Vanille-Softeis. Ziemlich lecker, muss ich ehrlich zugeben.
Im Park im Schatten labte ich mich an dieser lustigen Erfrischung.
Auch hier wieder viele Menschen, die offensichtlich Probleme haben. Aber: alle grüßen höflich und freundlich, keiner bittet um Geld. Das beides ist mir nun schon häufig aufgefallen.
Ich promenierte durch das Städtchen, das doch recht nett ist. Die Dame ist aus Holz.
Um 19:30 waren es immer noch 26 Grad und die Sonne brezelte.
Montag
Nächster Halt ist Caronport, kurz vor Regina. 45min nach Start war ich schon in der nächsten Provinz, Saskatchewan.
Es wurden 31 Grad. Im Schatten natürlich. Das ist eine Temperatur, die mich buchstäblich lahm legt.
1/3 des südlichen Teils der Provinz sind Prärie, mit Gras bewachsene Steppe. Das sind etwa 45 Millionen Hektar. Und dieses Gebiet durchquere ich seit Tagen.
Grasland macht 8% der Fläche der Erde aus und ist, wie alle anderen Ökosysteme auch, gefährdet. Steppen gehören ebenfalls dazu.
Mittags ging ich schwimmen im Hallenbad (aquatic center) mit 50m-Bahn, toll! Da waren nur zwei weitere Leute.
Eine davon Regina, die 1975 mit ihrem Mann dem Pfarrer aus Augsburg ausgewandert ist.
Leider wollte sie mich von Gott überzeugen und fand es ein Wunder, dass wir uns über den Weg laufen. Ich fand es einen netten Zufall. Abgesehen von diesem Gott-Gefasel war sie sympathisch.
Aber dann ging es los mit, ich solle mein Herz für den Herrn öffnen, er sei für unsere Sünden gestorben und den ganzen Schwachsinn.
Ich finde so etwas unglaublich unangenehm, deplatziert, respektlos, übergriffig, anmaßend. Impertinent.
So ein schönes Wort 😉
Jeder soll glauben, was er mag (solange es nicht ein global todbringender Scheiß oder ähnliches ist).
Und schön, wenn es Menschen hilft, mit Schwierigkeiten oder einfach ihrem Leben besser zurecht zu kommen oder es erfüllter zu leben.
Aber ich erzähle solchen Menschen auch nicht ungefragt, was ich von Religion(en) bzw. Glauben halte und versuche nicht, sie davon (mit Impertinenz 😎) abzubringen. Würde ich das tun, wäre es sehr schnell kein freundliches Gespräch mehr. Das ist für mich ein typisches leben und leben lassen-Thema.
In einem Tim Hortons aß ich danach ein sehr leckeres kleines Panini mit dünn geschnittenem Rindfleisch, Zwiebeln und Käse zum Frühstück. Danach gab es einen großen Eiskaffee. Der Laden wächst mir ans Herz. Es gibt ihn überall, ich habe für beides nur 6,94€ bezahlt, der Eiskaffee wird ohne Zucker gemacht, nur Mich, Eiswürfel, frischer Espresso. Und seltsamerweise bekomme ich davon kein Sodbrennen.
Es war mir zu heiß für irgendwas, aber das ist hier auch eine ziemlich tote Gegend. Ich fuhr zum Motel und das war's schon mit dem Tag. Ich bin ein bisschen erstaunt und enttäuscht über die/von der Landschaft. In meiner Vorstellung war Kanada überall abenteuerlich schön. Wird bestimmt wieder!
Kennt jemand noch die Serien, Ein Mountie in Chicago und Ausgerechnet Alaska? Das waren früher mal Lieblingsserien von mir und die haben auch mein Bild von Kanada geprägt (Alaska war im selben Sack, gefühlt). Klasse Charaktere und lustig. Liefen beide in den 90ern, empfehlenswert.
Frische Kirschen und Milchreis zum Abend.
Ich habe sechs Stunden lang Unterkünfte gebucht. Es war schrecklich 🤣 Die Ostküste ist auch so absurd teuer. Ach, teuerer!
In Kanada gibt es Hotspots, beispielsweise bin ich gezwungen, übermorgen 500Km zu fahren. Die Gegend ist dünn besiedelt und es gab einfach kein Zimmer. Das, was es gab, war schon ausgebucht.
Bis auf elf Nächte in Kanada bin ich also fertig. Am schwierigsten war Maine. Und ich habe alle Register gezogen. Das ist doch verrückt, eine Nacht in einem ranzigen Bus als Angebot für 75€?!?
Jedenfalls werde ich bis Nova Scotia kommen, das ist ja schon mal schön.
Dienstag
Mein Plan für den Tag war einfach: weiter nach Osten und Zeit im Freibad verbringen bei dem Wetter. Hatte mir die vier Pools auf den 300Km rausgesucht. In Grenfell war kein Mensch im Bad. Es war nicht groß, aber trotzdem schön. In allen Bädern hier laufen die Lifeguards mit diesen Rettungsteilen rum, die wir aus Baywatch kennen; die älteren Lesenden zumindest.
Ich zog mich um und als ich loslegen wollte hieß es, der Mann der wichtig ins Wasser starre, sei der Inspektor der Region und das Bad würde nun geschlossen. Wtf?!?! Das Wasser sei etwas trüb und damit nicht sicher. Würde ein Kind ertrinken, sähen sie es womöglich nicht. Ehrlich, das war lächerlich. Das Becken hatte etwa 25x5m und das Wasser war leicht milchig, man konnte auf den Grund sehen.
Ich durfte unter Aufsicht kurz reinhüpfen zum Abkühlen, dann ging es weiter. Nr. 2 war geschlossen, in Nr. 3 durfte ich nicht rein, weil gleich Schulschwimmen war, Nr. 4 wurde renoviert. In Google Maps standen sie alle mit regulär geöffnet.
So war ich in der Mitte von Nirgendwo. Es gab dort nichts. Gar nichts. Die nächste "Attraktion" in Maps war ein 47Km entfernter Flaggengarten. Yeah. Ich liebe Flaggengärten.
Also beschloss ich, erst zu essen und dann die restlichen elf Tage zu planen und zu buchen.
Im Red Barn in Moosomin bestellte ich einen kleinen Cesar's Salad und eine Beilagengröße Poutine, mein erstes Mal. Das ist das kanadische Fastfood-Nationalgericht.
Pommes mit Bratensoße übergossen und darauf dicke, schmelzende Käsekrümel. Klingt grässlich, sieht auch so aus, ist aber lecker. Ich habe nicht mal die Hälfte geschafft nach dem Salat, der für mich eher ein Hauptgericht denn eine kleine Vorspeise war.
So gestärkt lief ich im Motel 6 des Ortes ein und legte los.
Die letzten drei Tage meines Roadtrips waren vielleicht etwas langweilig, weil es hier auf hunderte Kilometer einfach nichts Interessantes gibt, aber das Fahren ohne Ablenkung hat auch etwas Kontemplatives und ich habe für mich ein, zwei wichtige Entscheidungen getroffen, die ich seit über zwanzig Jahren vor mir her schiebe; also ist es gut genutztes Nichtstun gewesen🙂
Nun habe ich einen Weg gefunden, wie ich doch noch für drei Tage nach Neufundland käme; nämlich von Nova Scotia mit der Fähre. Von North Sydney nach Port aux Basques und zurück von Argentia. Das wäre trotzdem viel Fahrerei und 100% sicher bin ich mir nicht, aber ich würde das wirklich gern sehen. Und ich "muss" sowieso so lange wie möglich in Kanada bleiben, weil das viel billiger ist.
Hm. Hmmmmm. Was würdet Ihr machen? Ich muss das schnell entscheiden, weil ich auf der Insel auch Unterkünfte mieten müsste. Echt knifflig!
Vor New York habe ich nur drei Nächte an der Küste der USA rausgesucht und reserviert. Das ist einfach unbezahlbar. Und nun habe ich schon einen Monat vorher gebucht!
Ach, und ich müsste jetzt noch eine Stunde näher dran sein an Eurer Zeit , also nur noch sieben Stunden Differenz 🙂
Wenn wir schon bei Newfies sind: A Newfie is walking home kicking old bottles, when a genie pops out of one. "I can grant you three wishes," says the genie, "so choose wisely." The Newfie says "Give me a beer that'll never run out." A bottle appears in the Newfie's hand and he downs it, but when we pulls it away from his mouth it's still full. The happy Newfie continues walking home. The genie says "Hey, you still have two wishes left!" "Oh," says the Newfie, "gimme two more of these then!"
Neufundland sehen - und dann weiter!
Ha, ha, lustig. Gut hat mir die Abrechnung mit der religiösen Fanatikerin gefallen und deine Begeisterung für den Flaggengarten. 😄 Hatte ja auch fünf Sterne (bei einer Bewertung).😂 Ich würde nach Neufundland Gondeln. Du hast doch Zeit...
Hi Charlotte, wenn Du mich fragst: auf nach Neufundland :-)
Und auf Deine beiden wichtigen Entscheidungen bin ich gespannt... falls Du erzählen magst. Herzlichen Gruß von Birgit