top of page
Suche

🇯🇵 Ōtsu, Ishikawa, Hakuba. Tage 60-62

Autorenbild: Charlotte TinaCharlotte Tina

Aktualisiert: 18. Jan.

Es fühlte sich schon ein bisschen an wie zu Hause, nicht leicht, wegzufahren, wenn man von so netten Menschen und schöner Natur umgeben ist. Und so gutem Essen. Ich hatte keinen Plan und fuhr einfach Richtung Kyoto.

Das Milch-Wasser ist sehr seltsam, die Reismehl-Dumplings sind mit grüner Sojabohnenpaste gefüllt, sehr sehr merkwürdig. Faszinierend beides 😁


Hals, Atmung und Nase waren arg strapaziert, aber in drei Pharmazien/Drugstores und einem Supermarkt gab es keinen Test, meine sind alle.

Die Höchstgeschwindigkeit lag heute meist bei 40, Ich bin fast durchgedreht. Mit dem Rad wäre ich schneller!

Zwischendrin guckte ich genauer, was Kyoto zu bieten hat. Das ist der alte Kaiserpalast, einige Schreine und Shopping. Die Architektur der alten Bauten habe ich hinreichend bewundert, auch genug Schreine gesehen, Shopping ist nicht mein Thema. Also buchte ich kurz entschlossen ein Zimmer am Biwa-See, östlich von Kyoto in Ōtsu. Wieder eine völlig unattraktive Stadt, aber ich habe ein Zimmer im 10. Stock mit Seeblick bekommen, ein westliches, festes Bett und es gibt einen Onsen. Der See ist der größte des Landes und hat beeindruckende Maße vorzuweisen: 63x23Km. Da ich um 14:30 angekommen bin, hatte ich Zeit, mal wieder richtig bequem faul zu sein und mich an dem tollen Blick satt zu sehen. Seit gestern Abend schüttete es ununterbrochen, da will man nicht raus.

Essen war etwas schwierig. Das Hotel ist wahnsinnig teuer, die umliegenden Restaurants haben Sonntags geschlossen oder..... sind wahnsinnig teuer. Also nahm ich im Hotel das Buffet, das war das günstigste und leider gar nicht gut.

Ich habe viel probiert.... Großkotzige Küche, aber nichts dahinter, ein Oberkellner, der auf jeden Fall einige Stufen über mir stand. Seine Verachtung konnte er kaum verhehlen, unangenehm. Es saßen vielleicht 15 Leute im Restaurant, es war fast leer, er wollte mich erst zum nächsten "Durchgang" rein lassen und er flüsterte wichtig in seine Intercom mit seinem Kollegen 10m weiter, um mir dann überheblich genervt einen Platz zuzuweisen. Meine Güte! Ich wurde auch nicht gefragt, ob ich etwas trinken wolle.

Von oben links runter: Miso-Suppe. Tempura von Garnele, irgendein Blatt, Lotuswurzel. Dim Sums mit Huhn, Spinat mit Sesam. Kalter Tofu, Gebratenes Schwein, Rinderragout. Roastbeef mit Rotweinsauce. Mousse von Erbsen. Meeresfrüchtesalat. Kaltes Rind. Gewürzter Reis. Fleischpastete mit Weinreduktion. In Reisfadennudeln frittierte Muschel (das war das Schlimmste 🤢) mit amerikanischer Sauce. Nudeln aglio olio. Huhn mit Orangenessig. Schoko- und Erdbeerbiskuit. Matcha-Schoki. Erdbeer Panna Cotta.

Die Garnele und der Schoki-Biskuit waren ganz gut, der Rest überhaupt nicht bis wenig genießbar. Was für eine Enttäuschung.


Montag, 8. Mai

Nachdem ich noch ausgiebig den Blick genossen hatte, machte ich mich um 8:00 auf den Weg.

Es ist einfach nicht schön oder hübsch. Das Land ist so dicht besiedelt, dass kaum etwas anderes zu sehen ist. Außer in den Bergen/Nationalparks. In fast jedem Ort gibt es riesige Pachinko-Hallen (Spielautomaten). Neben Comics scheint das eine weitere große Leidenschaft japanischer Männer zu sein. Die sind nun noch weniger mein Typ als schon vor gut zwei Wochen. Also gar nicht.

Irgendwann kam ich in Ishikawa an, das Zimmer ist nicht schön, aber sauber. 29€, was soll's?!

Verweilen wollte ich dort nicht, also suchte ich einen Schuhladen. Meine Sandalen sind patschnass geworden und, nun, haben jetzt einen etwas eigenen Odeur, Ersatz musste her. Eine Nacht in einer Tüte im Eisfach hat nicht geholfen. 20Km weiter war ein großer Laden, Damenschuhe auf Lager bis Gr. 38, also schaute ich bei den Herren. Für 26€ wurde ich fündig und diese sind komplett wasserfest, langweilige Trekkingsandalen halt in einer 41,5.

Ich hatte ein starkes Bedürfnis nach Natur, aber da die Schnellstraße und anderer Beton komplett die Küste hier blockieren, musste ich zu einem kleinen Park fahren, um das Meer zu sehen.

Zu meinem großen Bedauern stellte sich heraus, dass die Krabben-Saison von Dezember bis Februar ist. Mist!

Ich schlenderte durch einen Genky, eine große Drogerie mit Lebensmitteln, stand in der Schlange an der Kasse, die Frau vor mir drehte sich um und machte fast einen Satz, als sie mich sah. Dann wand sie sich richtiggehend. Ich rückte ihr etwas weiter auf die Pelle, weil mich das so ärgerte. Als eine Kasse frei wurde, rannte sie fast los.

Also dieser Ort ist ein Griff ins Klo.


Der Joker des Tages, der alles wieder etwas relativierte, war dann das Abendessen. Ich spazierte 15min hin, wurde von einem Schulmädchen mit Maske überholt (wir waren die einzigen Menschen weit und breit bei einem lauen Lüftchen), ich wechselte die Straßenseite, sie sah sich verstohlen um, sah mich nicht mehr und nahm die Maske ab. Alter Schwede.

Ausländerfeindlichkeit und Hybris sind schon recht präsente Themen in Japan.


Der Sushi-Laden: Ich war der einzige Gast und es war wunderbar. Ein Ehepaar, beide sehr neugierig, sehr nett, die gesamte Kommunikation über Handy und Zeigen. Sie haben mir Löcher in den Bauch gefragt, derweil ein Nigiri nach dem anderen vor mir abgesetzt wurde. Er hat alle Fisch-/ Meerestierarten übersetzt und für mich aufgeschrieben. Das war das beste Sushi, das ich bislang hatte. Er freute sich sehr über das Lob.

Die rohe Garnele schmeckte einfach nur leicht süßlich lecker, war seidig zart, der fette Thunfisch war köstlich, so ein dickes Stück hatte ich bestimmt noch nie auf einem Klümpchen Reis. Bislang war Thunfisch nicht meine erste Wahl, aber dieser...! Er riet mir dazu, Finger statt Stäbchen zu nehmen. Alles war sehr lecker, einiges hatte ich noch nie probiert. Toll! Die Misosuppe war ebenfalls super. Ein Fest. Für insgesamt 17€. Sie hat mir zum Abschied ein Tuch geschenkt, wie nett! Die Felsenauster hätte ich gern probiert, aber sie sollte 1.500¥ kosten, also gute 10€, das war mir zu teuer für eine Auster.

Es folgte eine unschöne Nacht. Der Hals tat weh, Atemnot, kein Fieber, Nase dicht.


Am Dienstag, 9. Mai, ging es weiter, zurück in die Berge nach Hakuba. Dort habe ich für zwei Nächte ein Zimmer angemietet (60€/Nacht mit Frühstück).

WC-Häuschen auf alpen-japanische Art:

Übrigens gibt es hier noch Raucherzimmer, da muss man etwas aufpassen, ist mir einmal passiert.


Und im Verkehr sind die Japaner ganz schöne Asseln, finde ich. Wenn vor einer roten Ampel eine Schlange steht und jemand will von einem Parkplatz in den Verkehr, da lässt man den rein. Hier nicht. Das passiert wirklich fast nie. Ich lasse die Leute rein, was wildestes Verbeugen im Auto nach sich zieht, ziemlich lustiger Anblick.


Das Haus ist schön, die Landschaft großartig. Im Ort ist die Sprungschanze der olympischen Winterspiele 1998, Nagano ist ein paar Kilometer entfernt. An deren Fuß sind jetzt Reisfelder und Gemüsegärten. Schräg. Der ganze Ort zehrt noch von diesem Ereignis, überall hängen Plakate und Wimpel und Embleme.

Ich hatte im Supermarkt endlich einen Corona-Test bekommen (1.500¥!!!), ich wollte es einfach wissen. Ich hatte so lange keine Erkältung mehr, das ist schlicht etwas unheimlich. Und jetzt ist es gut, ich habe einfach mal wieder eine stinknormale Rüsselpest. Besser, Gewissheit zu haben.


Und ich habe Milch! Gibt es im Supermarkt, aber sonst nie irgendwo. Leeeeecker.


Über Google suchte ich ein nettes kleines Restaurant, da saßen endlich mal junge Menschen und die sprachen auch noch Englisch, und bestellte Nudeln mit Hack, dem Grün von Schluppen und Chilipulver, gekrönt von einem Eigelb. War ganz nett, aber nicht toll. Die Nudeln sind mir immer wieder zu hart und irgendeine Nuance war dabei, die mich nicht so zufrieden zurück lässt. 950¥.

In der Nachmittagssonne machte ich einen Spaziergang, weil ich diesen wundervollen Bergblick genießen wollte. Die Luft ist fantastisch. Ganz klar und frisch und kühl.

Ich habe in allen Regionen, die ich hier bereist habe, das Gefühl, das Land hatte einen Boom in den 90ern und seitdem ist nichts mehr passiert. Alles sieht so aus, als sei seit 30-40 Jahren keine Farbe mehr drauf gekommen, kein Rostschutz, keine Pflege. Es wurden Unmengen Beton in die Landschaft gekippt und noch mehr und noch mehr Masten und Kabel verlegt, bis man nicht mehr in den Himmel sehen konnte, ohne etwas im Blick zu haben.

Auch in Gasthäusern und Hotels fällt auf, dass alles schon recht abgewohnt ist, fleckig, fadenscheinig. Nun logiere ich nicht in Luxushotels, aber durchaus in Unterkünften unterschiedlicher Preisklassen, und das beobachte ich fast überall.

Es ist anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Von technologischem Fortschritt merke ich nichts. Der Zugverkehr muss allerdings vorbildlich sein, habe ich mehrfach gehört. Getränkeautomaten und Mautgeräte, die einen Text vom Chip abspulen, sind für mich kein Fortschritt. Dieses Land ist sehr fest und starr in Traditionen verhaftet, den Menschen bereitet eine Nichtbeachtung sichtlich körperliches Unbehagen, das können sie nicht ertragen. Also es muss ein ganz bestimmter Ablauf sein im Onsen, es darf kein Haus mit Straßenschuhen betreten werden. Barfuß im Haus oder auf der Straße geht nicht. Beim Gang auf die Toilette im Haus müssen spezielle Pantoffeln angezogen werden, die nur dafür bestimmt sind. Etwas mit Stäbchen aufzuspießen geht gar nicht. Geld direkt zu übergeben ist ganz schlimm. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen; und ich bin erst gut zwei Wochen hier.

Und Ausländer, die Dinge anders machen, scheinen-was?- Barbaren zu sein?

Hier wird sehr personalintensiv gearbeitet. Tankwarte waren schon ein Beispiel, aber es gibt auch viele Hilfskräfte im Verkehr, die so sinnlos sind, wie nur irgendwas. Da stehen zum Beispiel ein bis zwei Leute an einem Parkplatz, der offenbar voll belegt ist und scheuchen mit Leuchtstäben und in Uniform die Ankommenden zum nächsten Parkplatz mit einem großen P in Sichtweite. Zu dem man sowieso gefahren wäre. Oder es stehen zwei an einer Ampel und winken die Autos aufgeregt bei Grün weiter. Das wirkt oft vollkommen unmotiviert. Auch diese Liste wird täglich länger.


3 comentarios

Obtuvo 0 de 5 estrellas.
Aún no hay calificaciones

Agrega una calificación
Invitado
09 may 2023
Obtuvo 5 de 5 estrellas.

Hallo Charlotte, danke für diesen sehr ausführlichen Bericht. Hoffe noch auf viele gute kleine Sushi-Läden mit netten Leuten und so gutem Essen für Dich. Gruß a s andere Ende der Welt 😘 Birgit

Me gusta

Thomas von Hübbenet
Thomas von Hübbenet
09 may 2023
Obtuvo 5 de 5 estrellas.

Eins steht jedenfalls mal fest: "Die spinnen, die Römer!" 😂

Wieder extrem appetitanregende Fotos von Speisen...

Schöne Naturaufnahmen.

Fremdenfeindlichkeit und Hybris ist nicht wirklich schön. In Japan ist es aber auf jeden Fall ein allgegenwärtigen Thema.

Über deine Beobachtung, dass alles schon etwas runtergekommen ist und überall Beton und hässliche Kabel zu finden sind habe ich nachgedacht. Ich glaube auch in weiten Teilen Deutschlands außerhalb der Ballungszentren wirkt es oft, als hätte man eine Zeitreise unternommen. Vieles auch unschön, heruntergekommen und aus der Zeit gefallen. Oder? 🤔

Me gusta
Charlotte Tina
Charlotte Tina
09 may 2023
Contestando a

In Deutschland gibt es mehr freie Flächen, es wirkt (ich glaube selbst kaum, dass ich das schreibe) gepflegter und freier. Altmodisch ist eine Sache, aber etwas heruntergekommen etwas anderes. Bei uns gibt es auch viele schäbige Ecken, aber hier für mein Empfinden deutlich mehr. Unsere kleinen und mittelgroßen Orte haben oft sehr hübsche Zentren, wir haben ein ganz anderes Stadtbild, auch durch mehrstöckige Wohnhäuser.

Würde mich sehr interessieren, was andere denken. Gibt es Meinungen dazu hier? 🤗 ich kann hier Stunden fahren und es ist hässlich. Wir haben auch nicht so große Städte wie Tokio, 15Mio die Stadt, 37Mio das Ballungsgebiet (derzeit die größte Stadt der Welt). Und weg vom Zentrum sind das hauptsächlich eingeschossige Häuser. Ich schrieb ja im…

Me gusta
bottom of page