Aktualisiert: 14. Juli 2022
Mein erstes Auto, mein fast erster Campingplatz, die erste Nacht im Wagen.
Berlin - Holnis (Glücksburg) waren 460Km, eine ordentliche erste Etappe.
Nachdem ich eingecheckt hatte bin ich schnurstracks in die Ostsee gelaufen (kennt man ja: 10m, 20m, 30m......immer noch maximal knietief), habe mich hingelegt und schön kühlen lassen.
Deutsche Camper sind ein geselliges und neugieriges Völkchen, scheint mir. Mein Auto ist jedenfalls immer wieder Anlass für sehr interessierte Blicke und Fragen. Sobald ich die Heckklappe öffne, pirschen sie sich (Männer) an. Sehr nett. Die eine Hälfte. Die andere höchst spießbürgerlich (in diesem Fall eher die Frauen). "Das Geschirr in diesem Becken abzuwaschen ist verboten!" Jesusmariaundjosef.
Die Magnetthermomatten waren wirklich absurd teuer (514€), aber nun kann ich sagen, dass sie ihr Geld wert sind. Es geht ratzfatz, sie sind passgenau, die schon in Berlin geklebten Magnete halten bestens, es ist tatsächlich nur ein Anwerfen und fertig. Super!
Die Frischluftgitter (100€) für die vorderen Fenster sind auch hervorragend. Ich habe einbruchsicher ausreichend Luft und es bildet sich nachts kein Kondenswasser.
Zum Mittag-/Abendessen gab es Tomatensalat mit Mozzarella, frischem Zitronensaft und reichlich Knoblauch, lecker.
Der Futon ist prima, mein Rücken meckert weniger als zu Hause, er ist schön fest. Die erste Nacht war trotzdem sehr holprig, weil ich im Wagen alle Geräusche um mich herum sehr deutlich höre und weil ich, sobald ich liege, ein Blasenproblem habe. Quälend zuweilen, ich habe zwar ein Reiseurinal, aber bis zu zehn Mal die Nacht ist unschön, die Handhabung auf so beengtem Raum ist nicht so einfach und ich bekomme wenig Schlaf.
Tag 2
Am Montag fuhr ich in größter Zuversicht, recht bald knusprig-zartes dänisches Gebäck genießen zu können, zurück nach Flensburg und über die Grenze nach Dänemark. In Odense, 130Km später, bekam ich dann mein erstes ersehntes Teilchen, eine köstliche Marzipanschnecke. 1,5h Parken übrigens 6,91€. In den Einrichtungshäusern in Skandinavien könnte ich Großaufträge aufgeben. Maßlos gaffend stand ich vor den Schaufenstern. Soooo viele schöne Dinge.
Im Café suchte ich meine nächste Unterkunft, einen wie sich herausstellte wunderschön gelegenen Campingplatz auf Fyn, am nordöstlichsten Zipfel der Insel.
Ich fuhr durch eine sommerlich sirrende Landschaft in kontrastreichen Grüntönen, zwischendurch gab es kurze Ausblicke auf das glitzernde Meer, herrlich. Für 19€ bekam ich einen riesigen Stellplatz, alles inklusive. Außer WLAN.
Ich hüpfte ins Meer, das bei anfangs bewölktem Himmel aussah wie flüssiger, kalter, sich kräuselnder Stahl und recht frisch war, saß später auf einem sonnenwarmen Stein über den Nachmittag, beobachtete Menschen und Hunde und die sich verändernde Farbe der Wasseroberfläche. Eine Möwe versuchte mich zu umzingeln, gab aber auf, als ihr die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens klar wurde.
Ich futterte ein Pfund praller, süßer dänischer Kirschen.
Ein Mann in einem Camouflage-Neoprenanzug kam an den Strand, setzte einen Speer aus Metall zusammen, seinen Schnorchel auf und ging ins Wasser. Etwa eine Stunde später entstieg er den Fluten mit einer Scholle mit Loch im Bauch. Alter Däne, martialisch.
Dann brüllte ich mich sehr nett mit einer reizenden älteren Dänin an, die ihr Hörgerät vergessen hatte und begeistert von ihrer Hurtigruten-Tour nach Norwegen berichtete.
Schön hier, sehr nette Leute, da bleibe ich noch eine Nacht.
Den Abend ließ ich bei einem spanischen Weißen in der milden Abendsonne ausklingen und ging früh ins Bett. Es liegt sich wunderbar kuschelig im Auto und sehr bequem. Liegend kann ich in den Himmel sehen, es ist sehr schön.
Aktualisiert: 16. Feb. 2023
Küche und Bett in einem, hier meine Skizze, die nach reiflichen Überlegungen und dem Durchspielen verschiedener (auch Flucht-) Szenarien mit Birgit & Donata Form angenommen hat:

Die ließ ich, ebenfalls nach laaaanger Suche, bauen von einem sehr netten, engagierten und handwerklich begnadeten (Neid) Tischler in der Nähe von Leipzig. Marcel. Natürlich, nachdem er auch noch einige kluge Änderungen vorgeschlagen hat. Es war ein reger Austausch über WhatsApp bis zur Fertigstellung, hat Spaß gemacht.
Fertige Boxen, und da gibt es zahlreiche Anbieter, rangieren im Mittelfeld bei etwa 1.700€ und keine bot genau das, was ich wollte. Diese, entsprechend dem Platzangebot, schon; und sie hat 1.200€ gekostet, nach meinen Vorstellungen gebaut. Leider ohne Tisch, das gibt dieser Berlingo im Gegensatz zum Caddy nicht her, aber heuer sind Kompromisse gefragt.
Gemeinsam mit Donata habe ich die Box abgeholt Anfang Juni:
Schon beim Einsetzen wurde uns klar, dass wir ein paar Dinge hätten besser lösen können; außerdem rächten sich zwei, drei Mess- bzw. Schätzungenauigkeiten, so dass Marcel vor Ort nachbessern musste. Aber im Großen und Ganzen ist sie prima. Sehr schön gearbeitet, stabil, gute Aufteilung. Ich habe nicht erwartet, dass die Liegefläche sich so dicht unter dem Wagendach anfühlen würde und hoffe, die Dachfenster relativieren das (Update: tun sie).
In Leipzig waren wir noch essen am Augustplatz, es war ein strahlend schöner Tag, das Essen sah bedauerlicherweise wesentlich besser aus, als es schmeckte.
Dann habe ich in Berlin einen Futon erstanden, Schafschurwolle mit Latexkern; schön fest, aber leicht nachgebend. Auch nicht ganz preiswert (374€), aber nur 100/150€ mehr als eine sehr einfache Klappmatratze. Der kommt auf die Liegefläche, die tagsüber durch einfaches Hochklappen und Anlehnen des Kopfteils ein Liegesofa ist.
"Anprobe" durch Birgit und Donata am 19. Juni 22:
Der Wagen ist natürlich so nicht ganz fertig, aber er wurde für durchdacht, praktisch, schön und gemütlich befunden. Lästerliche Zungen behaupten (drei von drei Leuten, die es bis dahin gesehen und begutachtet haben), dass ich eine fahrende Küche mit Bett gebaut habe. Mag sein.... *lach*.
Aber mal im Ernst: sollte man auf einen Mörser verzichten? Auf zwei Gasflammen? Auf zumindest drei gute Öle (das Walnussöl lasse ich doch schon zu Hause; bis auf eine winzige abgefüllte Menge)? Auf ein bisschen vernünftigen Wein? Ein paar kleine Flaschen mit Soja-, Austern- und Fischsauce? Dijon-Senf? Angenehmes Besteck und brauchbares Werkzeug? Die wichtigsten Gewürze und einen Hauch köstlicher Extravaganz wie Piment d´Espelette und grünen Tee? Eine kleine Pfeffermühle? Na also.
Dieses Auto ist ja nun mein Ersatz-Zuhause für eine gewisse Zeit und ist entsprechend mein Mesokosmos ;-)