Aktualisiert: 30. Apr. 2024
Am Freitag (10.2.23) um 16:30 habe ich Donata eingesammelt und dann sind wir die 122 Km nach Fürstenhagen in zwei Stunden gefahren.
Warum wir an einem kalten, dunklen, regnerischen Abend ins winterliche Nichts der Feldberger Seenlandschaft fuhren? Weil da das Hotel Alte Schule ist mit dem Restaurant Klassenzimmer, das unter der Führung des Österreichers Daniel Schmidthaler und seiner Frau Nicole einen Michelin-Stern bekommen hat. Da wollte ich seit Jahren schon mal essen. Und falls ich das Auto nächste Woche verkaufen sollte, wäre das die letzte Gelegenheit für einen kleinen Ausflug gewesen.
Der Mann kocht nach dem Konzept: was hat die direkte Umgebung zu bieten? Das wird verarbeitet. Deshalb wird keine feste Speisekarte ausgegeben, sondern (ich denke, das funktioniert im Sommer überzeugender) ein Überraschungsmenü angeboten.
Wir hatten das 7-Gänge-Menü als Arrangement mit der Übernachtung gebucht, und nachdem wir unsere Zahnbürste im eiskalten Zimmer abgeworfen hatten, nahmen wir im schönen Speiseraum Platz.
Außer uns war nur noch eine Vierergruppe zu Gast.
Als Aperitif schenkte man uns einen sehr guten Crémant ein, der den ersten Gruß aus der Küche begleitete.


Wir bekamen ein Brett mit je einem kleinen Kartoffel- und Sauerteigbrot im Miniaturformat, dazu Wagyu, das wie Roastbeef zubereitet war (köstlich), österreichischen Erdäpfelkas und Butter.
Als Amuse Gueule dann kamen drei Kleinigkeiten:
Unser Favorit des Abends war ein zarter, knuspriger Kartoffelteig (Pombär genannt) mit Fenchel und Knoblauch. Das war sensationell. Unglaublich, was für Aromen auf der Zunge explodiert sind. Dann gab es ein winziges Stück Steckrübe mit Paprika und eine mini Möhre mit Joghurt, beides sehr lecker.
Etwas, was ich an Restaurants dieser Kategorie mag, ist, dass man zu jedem Gang eine einstudierte Erklärung erhält, was das ist und welchen Wein man dazu kredenzt bekommt. Das ist, als bekäme man die Kurzfassung eines Kapitels aus einem Märchenbuch, das man mit den vorbereitenden Infos dann viel intensiver und bewusster wahrnimmt.
Es folgte der erste Gang mit dem ersten Wein (fatal... zu jedem Gang ein anderer, hervorragend ausgesuchter und ungewöhnlicher Tropfen).
Auf einer Tranche Saitling war ein gebratenes Brotstück drapiert, arrangiert mit Shiitakepilzen, etwas Käse und einer höchst aromatischen Sauce mit einem Hauch Gurke, deren Aroma sich auch im Wein wiederfand. Mein zweitliebstes Gericht. So komplexe Aromen! Umami pur. Lecker.

An dieser Stelle baten wir um ein weiteres kleines Kartoffelbrot. Das war so gut, dass es ratzfatz weg war. Der nächste Gang waren zwei Wochen gereifter Zander und Saibling mit Grünkohl und Sellerie. Das war schon sehr gut, aber hat mich trotzdem nicht zu einer Freundin des Grünkohls gemacht. Wirklich gut auch hier wieder die Sauce und ausnahmsweise mochte ich den Kaviar mal sehr.

Es folgten kleine Rettich-Rouladen, die mit Kürbis, Kalbskopf und einem Waldbodenöl (ja, wirklich, so steht es auf der Karte) zubereitet waren, als Topping einige sehr milde Senfkörner. Tolles Aroma, nur der Rettich war mir etwas zu fest/zäh in der Kombination. Die Sauce hätte ich gern vom Teller geleckt. Keine Sorge, im Ernstfall kann ich mich benehmen.

Nun folgte ein Stück auf der Haut gebratener Fisch (ich weiß nicht mehr, was für einer) mit eingelegter Zwiebel (wie Pickles), Wacholder und einem erfreulich deliziösen Blatt Chicorée.

Dann, und auch dieser Gang macht mich zu keiner Freundin der Schwarzwurzel, wurde uns eben dieses Gewächs serviert, mit Haselnüssen, einer fantastischen Sauce und, extra serviert in einem gekühlten Schüsselchen, einem geeisten Traubengelee mit geschabtem Buttermilcheis, das über die Schwarzwurzel gegeben wurde. Köstlich. Mit Spargel hätte ich es vermutlich noch viel toller gefunden, auch wenn das natürlich ganz andere Aromen wären.
Das Hauptgericht war gar nicht meins. Reh (butterzart) in einer strengen Räucheraalsauce (irks!!!!!!), mit Himbeerpürree und -pulver und Schwarzkohl (ähnlich wie Wirsing). Das war auf eine für mich so unangenehme Art intensiv, dass ich es nicht gut fand, das Reh nicht mal schmeckte und ausnahmsweise den Teller nicht mit dem Löffel abgekratzt habe. Den korrespondierenden Wein probierte ich nur (ebenso wie den des vorherigen Ganges; es war mir insgesamt zu viel Alkohol).

Zur Versöhnung kam ein köstliches Holunder-Eis mit Schaum von Sonnenblumenkernen (ein Kracher!!!!), mit Estragon (hab ich nicht rausgeschmeckt) und Radicchio (dessen größere Strünke ich wegsortiert habe; ein Dessert darf ein Dessert sein, finde ich, da muss nicht unbedingt ambitioniert ein Bitteraroma rein). Zu den Desserts gab es den letzten Alkohol, einen fabelhaften Vin Santo, der intensiv konzentriert nach Nüssen, Dattel und Rosine schmeckte.

Und dann folgte noch ein finaler Gruß aus der Küche, ein Nußschmarrn mit Mandarineneis. Sehr lecker, aber nicht sooo spektakulär.

Hier noch ein paar Eindrücke und die Speisenfolge, die wir nach dem Espresso bekamen:
Das hat großen Spaß gemacht. War sauteuer. Na ja, andere Leute kaufen sich Fernseher und so Zeug. Hat sich auf jeden Fall gelohnt, weil es eine erinnernswerte Erfahrung war.
Wer sich fragt, was die kleinen Portionen sollen: ich denke, wenn ich von irgendeinem dieser Gänge eine sättigende Portion bekommen hätte, hätte es nicht mehr geschmeckt, das wäre ein Overkill. Und es ist ja auch viel schöner, sich an ganz vielen spannenden Kleinigkeiten satt zu essen.
Donata fiel direkt ins Bett, ich machte noch einen kleinen Spaziergang. Das Frühstück sah schön aus, war aber nicht bemerkenswert (abgesehen vom tollen Brot).

Dann gondelten wir gemütlich nach Hause, sahen nur in Himmelpfort im Rahmen eines Spaziergangs nach dem Rechten und genossen noch einen Kaffee.
Aktualisiert: 4. März 2023
Am 2. Januar 2023 habe ich Karin, die aus Linz zu Besuch war, mit Balu zu seiner letzten (oder vorletzten, miaou) Tour aus Oberschöneweide abgeholt und bin mit ihr nach Hamburg gedüst.
Auf der Fleetinsel stiegen wir im schön gelegenen Motel One neben der Feuerwache ab und liefen gleich ans Wasser. Bei milder Temperatur spazierten wir durch die Speicherstadt, deren Fundament auf 3,5 Mio (!) Eichenpfählen ruht, schnupperten in nette Läden wie die, allerdings völlig überlaufene, Kaffeerösterei hinein, genossen die leichte Brise und die maritime Atmosphäre.
Um 18:30 gelangten wir dann über eine laaaange Fahrtreppe, die auch in London sein könnte, auf die Plaza der Elbphilharmonie, die, wie wir finden, ein sagenhaft schöner Bau ist, bewunderten das Hamburger Lichtermeer im Dunkeln, den tollen Blick auf die Elbe und die Architektur. Die Plaza ist ein komplett umlaufender, offener Gang auf halber Höhe des Gebäudes und ein Foyer zu den Sälen und dem Hotel, die auch ohne Konzertkarte gegen einen Obolus von 2€ begangen werden kann.
Über eine schön geschwungene hölzerne Treppe dann ging es zu den Foyers und dem Großen Saal zum Cellokonzert der Berliner Philharmoniker.
Schön da, aber die Berliner Philharmonie finde ich innen hübscher. Gebaut sind sie ganz ähnlich, auch von außen sind Parallelen zu sehen, wenngleich die spektakuläre Lage an der Wasserkante Hamburg natürlich einen dicken Pluspunkt als USP gibt, und die Tatsache, dass die Philharmonie auf ein altes Gebäude aufgesetzt wurde.
Aber innen sind sowohl Foyers als auch Saal gelungener zu Hause. Ehrlich!
Dazu fällt mir eine charmant-freche Werbung eines anderen Bundeslandes auf Berliner Doppeldeckern ein.
Die Weinberg-Architektur sorgt für eine großartige Akustik, es ist wohl kein Sitz weiter als 30m vom Dirigentenplatz entfernt.
Die Darbietung war gut besucht, aber nicht ausverkauft. Da die Baukosten sich (woher kennen wir das nur?) vom ursprünglichen Budget von 70 Mio auf 780 Mio erhöht haben, muss das offensichtlich über die Ticketpreise wieder rein kommen, o là là..... Aber ich wollte soooo gerne mal in die Elphi und Karin auch; und es hat sich gelohnt!
Den ersten Teil fand ich grauslich, sicher prima gespielt, aber mit Dissonanzen kann man mich aus dem Saal jagen. Der zweite Teil war größtenteils gut, die drei Zugaben dann richtig toll. Karin fand alles gut oder zumindest hinreichend interessant.
Musikalisch ein Potpourri aus eigens für die seit 50 Jahren bestehende Gruppe geschriebenen Stücken, Arrangements bekannter Lieder wie das wunderbar und witzig interpretierte Lied vom Tod von Ennio Morricone über Gershwin, Verdi und französisch Beschwingtes.
3.1.2023
Am nächsten Morgen spazierten wir zum Michel (Norddeutschlands älteste Barockkirche und eigentliches Wahrzeichen der Freien und Hansestadt) und waren als erste drin. Ich bin keine große Freundin von Kirchen, aber die ist wirklich schön, was auch an den klaren Fenstern liegt und dem dadurch lichtdurchfluteten Raum, und sie hat, wie Karin irritiert feststellte, einen eher quadratischen Grundriss. Tatsächlich hat dieser die Form eines Kreuzes.
Dann spazierten wir durch schmale Gassen und landeten in einem puppenstubenartigen Café zum kleinen Frühstück im Schaufenster.
Im Anschluss machten wir eine eigentlich informative Hafenrundfahrt bei schönstem Wetter. Einzig der 29jährige Schiffer in Ausbildung, der die Informationen zum Besten gab, tat dies bedauerlich negativ und abfällig, ein Wermutstropfen (also vielleicht die Bettina Ehlers der gleichnamigen Reederei nicht unbedingt buchen, gibt ja mehr als genug Auswahl an den Landungsbrücken). Er selbst fand sich witzig; ich habe ihm Rückmeldung gegeben, die er nicht fassen konnte.
Karin machte während unseres Aufenthaltes viele sehr schöne Fotos, einige hier sind ihre.
So voller Eindrücke promenierten wir noch an der Elbe entlang Richtung Altona und ich gönnte mir als Wegzehrung ein leckeres Matjes-Brötchen. Beim Genuss desselben fragte ich mich, weshalb unser Vater, 1931 dort geboren, nie nach Hamburg zurück wollte; leider zu spät, ihn das zu fragen. Ich hätte aber also auch ein Hamburger Deern (so nannte mich mein Hamburger Onkel Klaus manchmal) werden können....
Bei einem Supermarkt musste ich noch 2Kg meiner Lieblingsäpfel Holsteiner Cox einsammeln, die aus dem Alten Land kommen, dann ging es wieder heimwärts.
Schön wars! Endlich mal wieder unterwegs! Und in so netter Begleitung zu sein, gemeinsam zu erleben und sich austauschen zu können, war auch eine schöne Abwechslung.
